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Beitragsseiten

Hidden Peak 1998 Tagebuch

13.06.1998

Flug von Frankfurt nach Islamabad

Nach dem Frühstück starte ich meine Fahrt und komme ohne Stau entspannt gegen 10 Uhr am Flughafen an. Ich gebe dort den Mietwagen zurück und steuere dann unseren vereinbarten Treffpunkt vor dem Terminal der Fluggesellschaft an.
Unsere Gruppe setzt sich aus acht Österreichern, einem Belgier, einem Neuseeländer sowie Peter und mir aus Deutschland zusammen. Hjördis aus den Vereinigten Staaten von Amerika haben Peter und ich bei der Broad Peak Expedition im Jahr zuvor kennengelernt; sie fliegt von den USA direkt nach Islamabad. Nachdem alle eingetroffen sind, geben wir unser Expeditionsgepäck am Schalter der Fluggesellschaft auf. Wenig später ist das Flugzeug auch schon zum Einsteigen bereit, und wir starten zu meiner Überraschung pünktlich mit der voll besetzten Maschine der Pakistan-Airlines. Der Flug verläuft ruhig.
Vor dem Flughafen steht ein Bus unserer örtliche „Agentur Adventure Tours Pakistan" bereit, der uns zum 13 Kilometer entfernten Shalimar Hotel in Rawalpindi bringt.

14.06.1998

Stadtbesichtigung

Der erste Tag in Pakistan ist für Behördengänge und eine Stadtbesichtigung reserviert, die am Nachmittag beginnt. Wir fahren zuerst durch die belebten Straßen von Rawalpindi zum Raja-Basar in die Altstadt und schlendern durch die engen Gassen im Basar. Anschließend geht es weiter zu der im Nordwesten von Islamabad vor den Margalla-Hügeln gelegenen Schah-Faisal-Moschee. Sie wurde nach König Faisal von Saudi-Arabien benannt und ist heute das Wahrzeichen der Stadt. Die Moschee zählt zu den größten der Welt. Im Anschluss an diesen kulturellen Höhepunkt fahren wir hinauf zu den Margalla-Hügeln, von wo aus der schachbrettartige Grundriss von Islamabad gut zu sehen ist. An dem touristisch erschlossenen Aussichtspunkt nutzen wir die Gelegenheit, um unseren Durst in einem Restaurant mit schattigen Sitzplätzen zu stillen.

15.06.1998

Postkartenaktion

Gleich nach dem Frühstück fahren Peter und ich zum Zoll, um das mit Cargo vorausgeschickte Gepäck abzuholen. Nach einer stichprobenartigen Kontrolle durch den Zollbeamten können wir unsere Habseligkeiten mitnehmen. Nach der Rückkehr ins Hotel fahre ich zu Post, um Briefmarken für alle Teilnehmer zu kaufen. Die Frage nach 1240 Briefmarken wird verständlicherweise mit Kopfschütteln beantwortet, und ich muss lange verhandeln, bis ich die gewünschte Stückzahl tatsächlich bekomme.

16.06.1998

Fahrt auf dem Karakorum Highway nach Chilas

Um 5 Uhr verlassen wir das Hotel und begeben uns mit einem kleinen Bus auf die lange Reise nach Chilas über den Karakorum-Highway. Die Straßen in Rawalpindi sind um diese Urzeit noch weitgehend leer, und so verlassen wir zügig den dicht besiedelten Gürtel, der die Hauptstadt Islamabad umgibt. Den Landesteil, den wir gerade durchfahren, gehört zu den fruchtbarsten Gegenden in Pakistan. Hier wird hauptsächlich Getreide angebaut, darüber hinaus auch Hülsenfrüchte und Obstsorten wie Datteln und Bananen.
Wir verlassen nach einiger Zeit das pakistanische Tiefland und gelangen nach kurzer Zeit auf den legendären Karakorum Highway (KKH), den südlichen Ausläufer der antiken Seidenstraße. Ab der keinen Stadt Beshame verläuft die Karakorum Highway immer entlang des streckenweise tief eingeschnittenen Indus. Sowohl der Busfahrer als auch wir benötigen daher immer wieder kurze Pausen, um uns von der nervenaufreibenden Fahrt zu erholen. Die willkommene Fahrtunterbrechung wird von allen zum Fotografieren der atemberaubenden Landschaft genutzt.
Nach 13 Stunden Fahrzeit erreichen wir am Abend die kleine Stadt Chilas, wo wir im Hotel "Chilas Inn" untergebracht werden.

17.06.1998

Fahrt auf dem Karakorum Highway nach Skardu

Wie schon am Vortag starten wir mit unserem kleinen Bus bei Tagesanbruch und setzen die Fahrt auf dem Karakorum-Highway fort. Das Wetter ist heute sehr gut, und die Sicht zum Nanga Parbat (8125 m) sollte frei sein. Unser Fahrer deutet plötzlich nach rechts mit den Worten: "Nanga Parbat". Alle schauen wie auf Kommando in die Richtung, und tatsächlich ist dort ein hoher mit Schnee bedeckter Berg zu sehen.
Wir beenden unser Fotoshooting bei dem Hinweisschild "Look left – Nanga Parbat – Killer Mountain" und fahren auf der KKH weiter in Richtung Gilgit bis zur Einmündung des Gilgit-Flusses in den Indus. Hier verlassen wir den KKH und folgen weiter dem Indus nach Skardu, der Hauptort der Region Baltistan.
Skardu liegt im 10 km breiten und 40 km langen Skardu-Tal, am Zusammenfluss des Indus und des Shigar, auf einem fast 2.500 m hoch gelegenen Plateau.

18.06.1998

Jeepfahrt nach Askole (3050 m)

Kurz nach 4 Uhr wird unser Gepäck in mehrere Toyota-4x4-Jeeps verladen und mit Seilen gesichert. Wenig später drängen die Fahrer zur Abfahrt, sie wollen verständlicherweise bei niedrigen Wasserständen die reißenden Bäche durchqueren, was naturgemäß am frühen Morgen am ehesten möglich ist. Der erste Teilabschnitt im sehr fruchtbaren Tale des Shigar-Flusses ist eine angenehme und interessante Fahrt, bei der wir durch mehrere kleine Ortschaften kommen. Zunächst fährt man im Shigar-Tal nach Nordwesten, also vom eigentlichen Ziel weg. Es bleibt nichts anderes übrig, denn man muss dem südlichen Hauptkamm des Karakorum, dem Lesser Karakorum, folgen, bis man nach etwa 70 km den Durchbruch des Süd-Braldu durch diese Gebirgskette erreicht hat. An dieser Stelle mündet von Norden der Basha-River, der vom Chogolungma-Gletscher kommt, in den Shigar ein. Hier liegt die winzigen Ortschaft Mango, wo unsere Fahrer eine Frühstückspause einlegen.
Im Bereich dieses Gebirgsdurchbruchs ist die Piste besonders gefährlich, weil sie in instabile Hänge gebaut wurde. Gegen 14 Uhr erreichen wir Askole, eine der schlimmsten Offroad-Straßen, die man sich vorstellen kann, liegt hinter uns. Den anvisierten Lagerplatz in unmittelbarer Nähe des Straßenendpunktes dürfen wir nicht benutzen, selbst das Gepäck muss in den etwas höher gelegenen Ort gebracht werden. Inmitten der Felder findet sich ein geeigneter Platz für uns, auf dem wie die Zelte aufstellen können.

19.06.1998

Trekking von Askole zum Lagerplatz zwischen Jhula und Bardumal (3150 m)

Gegen 7 Uhr können wir das auf 3050 m Höhe gelegen Dorf Askole verlassen. Der Weg schlängelt sich anfänglich durch herrlich grüne Felder nach Osten. Der Weg ab Askole ist zunächst unproblematisch und unspektakulär. Aber schon nach etwa einer Stunde wird man bei Querung eines Felssporns vom Blick auf die Zinnen und Gletscher der Payu-Gruppe im Osten überrascht. Dieser Querung war früher problematisch, wurde aber dann mit zunehmendem "Verkehr" für die Fremden entschärft. Zu Füßen verläuft ein wilder Nebenfluss des Braldu, der Biafo. Eine Hängebrücke führt über diesen Fluss, der bei Hochwasser wirklich furchterregend sein kann.
In etwa 13 km (Luftlinie) Entfernung von Askole mündet von Norden das Dumord-Tal. Ein nahezu senkrechter hoher Felssporn, an dessen Fuß die Wasser des Dumord fließen, versperrt den Weiterweg. Der Wasserstand des Dumord ist bei unserer Ankunft sehr niedrig, so entschließen wir uns für die Durchquerung des Flusses, welches uns eine Zeitersparnis von gut 3 Stunden bringt. Heute wird meist der lange Weg über Jhula trotz zusätzlicher 5 bis 6 km genommen, weil der Wasserstand des Dumord in der Regel keine Wahl lässt.
Wir bauen unser heutiges Lager direkt am Ufer des Zusammenflusses von Baltoro und Durmord auf, auf halbem Weg zwischen Jhula und Bardumal.

20.06.1998

Trekking vom Lagerplatz zwischen Jhula und Bardumal nach Payu (3650 m)

Bei Tagesanbruch verlassen wir unser Lager, um nicht der Nachmittagshitze ausgesetzt zu sein. Die heutige Tagesetappe führt vorbei am Lagerplatz Bardumal (3250 m) und folgt im weiteren Verlauf immer dem Biaho-Lungma zum Lagerplatz Payu (3650 m). Zunächst ist der Weg nach Payu relativ unspektakulär. Man stolpert durch die steilen Moränenreste am Nordufer des Flusses, manchmal direkt an der Wasserlinie, gelegentlich auch Seitenbäche querend. Doch dann, bei Querung des Schuttkegels des Payu-Baches 2 bis 3 km vor Payu, treten plötzlich die Kathedralen am unteren Baltoro-Gletscher ins Blickfeld. Es sind faszinierende Felstürme aus Granit, teilweise mit senkrechten Wänden. Diese Türme begleiten uns bis hinauf zum Lagerplatz Urdukas, wobei sich die Formen mit verändertem Blickwinkel stetig wandeln, zu den unterschiedlichen Tageszeiten mit wechselnden Farben.
Der Lagerplatz in Payu ist wegen einer amerikanischen und einer italienischen Großexpedition restlos belegt, daher wählen wir einen anderen geeigneten Platz in der Nähe.

21.06.1998

Ruhetag in Payu (3650 m)

Bereits vor dem Frühstück nähert sich eine bedrohliche dunkle Wolkenfront und beschert uns einen Sandsturm, der den ganzen Tag andauert. Glücklicherweise legen die Träger hier in Payu ihren traditionellen Ruhetag ein, um ihre Rationen an Chapati für die lange Gletscheretappe zum Basislager zu backen. Auch für die Expeditionsteilnehmer ist dieser Tag zur Akklimatisation enorm wichtig. Wir versuchen, uns so weit es geht vor dem umherfliegenden Sand und Staub im Zelt zu schützen, was sich allerdings als ein hoffnungsloses Unterfangen herausstellt. Am Abend lässt der Wind glücklicherweise etwas nach, und der sehnlichst herbeigewünschten Regen kommt.

22.06.1998

Trekking von Payu nach Urdukas (4150 m)

Am Morgen regnet es nicht mehr, aber die Kathedralen sind noch von dicken Wolken umgeben, lösen sich aber immer weiter auf. Nachdem Verlassen des Lagers in Payu glaubt man, die Stirn des Baltoro-Gletschers direkt vor sich zu haben, und braucht doch noch eine Stunde, um bis zum Gletschertor zu gelangen. Nachdem sich die Wolken weiter verzogen haben, rücken die Trangotürme immer stärker ins Blickfeld, und der Blick ist nicht mehr am Boden, was unweigerlich zu der einen oder anderen schmerzhaften Bauchlandung in dem Geröll führt. Zwei sehr lange Kilometer sind es, bis endlich der südliche Rand des Gletschers erreicht ist. Der begrenzende Hang erlaubt es endlich, diesem unglaublichen Haufen von Geröll zu entkommen.
Wir kommen jetzt zum Lagerplatz Liligo, in dessen Nähe manchmal auch ein See ist. Unser heutiges Ziel ist Urdukas auf ca. 4150 m Höhe. Der Platz ist besonders beliebt wegen seiner fantastischen Aussicht und wegen der letzten grünen Hänge und Blumen, die man hier antrifft. Urdukas bedeutet "gespaltener Stein". Ein riesiger Felsklotz, der sich beim Aufprall gespalten hat, hat zu diesem Namen geführt.
Am Abend sind kurzzeitig nur wenig Wolken am Himmel, und so sind die Bergspitzen bei Sonnenuntergang in einem traumhaften Licht zu sehen.

23.06.1998

Trekking von Urdukas nach Gore II (4425 m)

In der Nacht ist es wieder zugezogen und kurz nach unserem Aufbruch graupelt es. Von den fantastischen Gipfeln ist nichts mehr zu sehen. Der weitere Weg zum Concordia-Platz verläuft jetzt ausschließlich auf dem schuttbedeckten Gletscher.
Tiefe Rinnen mit Gletscherbächen versperren den direkten Weiterweg, das Gehen wird heikler und die Wegefindung ist bei der schlechten Sicht eine richtige Herausforderung. Wäre da nicht eine Telefonleitung vom Militär, an der man sich orientieren kann, dann hätten wir an so mancher Stelle die falsche Richtung eingeschlagen. Am späten Nachmittag kommen wir zu unserem Lagerplatz mit dem Namen Gore II, in dessen Nähe pakistanisches Militär lagert. Die Soldaten sind nicht zu beneiden, sie müssen zur Front auf dem Conway-Sattel auf 6000 m Höhe, und das bei Wind und Wetter. Eine nicht nachzuvollziehende Auseinandersetzung zwischen Pakistan und Indien um ein Stück absolut unbewohntes Land, dem südöstlichen Karakorum als Teil der Region Kaschmir.

24.06.1998

Trekking von Gore II nach Sharing (4780 m)

Bevor ich heute den warmen Schlafsack verlasse, schaue ich zuerst aus dem Zelt nach dem Wetter: Es ist bewölkt, aber vereinzelt sind blauen Stellen am Himmel zu erkennen. Die Chancen, dass es aufreißt und wir die gewaltige Bergkulisse mit mehreren Sieben- und Achttausendern auf der heutigen Etappe sehen können, sind gar nicht so schlecht. Nach dem Frühstück verlassen wir den Lagerplatz in Richtung Osten. Bereits nach einer Stunde Gehzeit liegt Neuschnee auf dem Gletscher, und die Träger kommen mit ihren bescheidenem Schuhwerk nur langsam voran.
Die Wolken sind weitgehend verschwunden, als wir schließlich Concordia erreichen. Hier vereinigt sich der vom K2 kommende Godwin Austen-Gletscher mit dem von Südosten kommenden Baltoro-Gletscher. Den Namen "Concordia" wählte William Martin Conway auf seiner Expedition im Jahr 1892. Nach Norden steht in voller Pracht und unverdeckt der K2. Im Nordosten – näher an Concordia als der K2 – steht der Broad Peak (8051 m). Direkt im Osten beherrscht der Gasherbrum IV (7925 m) die Szenerie, erstmals im Jahr 1958 von den Italienern Walter Bonatti und Carlo Mauri über den Nordostgrat bestiegen. Weiter nach Südosten schließen sich die Zinnen von Gasherbrum V (7120 m) und der Gasherbrum VI (7004 m) an. Direkt nach Südosten gibt der breite Baltoro-Gletscher den Blick frei auf den Baltoro Kangri (7300 m) und den Kaberi-Sattel. Direkte "Nachbarn" am Lagerplatz Concordia sind der schwarzfarbige Mitre Peak (6025 m) im Südwesten und der hellfarbige Marble Peak (6056 m) im Nordwesten.
Unser heutiges Tagesziel ist allerdings nicht Concordia, sondern der Lagerplatz mit dem Namen Sharing, der in der Nähe der Einmündung des Vigne-Gletschers in den Oberen Baltoro-Gletscher auf etwa 4780 m Höhe liegt. Gegen Mittag, als wir das Lager erreicht haben, brennt die Sonne unbarmherzig vom Himmel, und der Neuschnee reflektiert zusätzlich die Strahlen.

25.06.1998

Trekking von Sharing zum Basislager (5000 m)

Bei Schneefall bauen wir am Morgen das Lager ab und starten zu unserer letzten Etappe in Richtung Basislager. Da es die Träger auf ihrer letzten Etappe besonders eilig haben, sind wir schon nach einer Stunde bei der Einmündung des Abruzzi-Gletschers, von wo aus der Hidden Peak (8068 m) erstmalig zu sehen. Bis dahin hat er sich hinter dem Gasherbrum VI versteckt; daher auch der Name „Der versteckte Achttausender".
In etwa vier Kilometer Entfernung sind die Basislagerzelte anderer Expeditionen auf der Mittelmoräne zu sehen, die den Gasherbrum-Gletscher vom Abruzzi-Gletscher abgrenzt. Peter und ich eilen jetzt auf der ausgetretenen Spur im Schnee voraus auf die Mittelmoräne und folgen ihr bis in die Nähe der Zelte. Hier suchen wir nach einem geeigneten Platz für unser Basislager, auf dem wir die Zelte aufstellen können.Unmittelbar nach dem Eintreffen der Träger bauen wir unser Küchenzelt auf, und gegen 9 Uhr ist das gleichmäßige brummen des Kerosin Kochers zu hören; wenig später serviert die Küchenmannschaft den ersten Tee. Unterdessen beginnt unser Sirdar sehr routiniert mit der Auszahlung der Vergütung an die wartenden Träger.
Nach der Auswahl eines geeigneten Zeltplatzes gleiche ich mühevoll den Untergrund aus und stelle dann das Zelt darauf. Beim Ausstaffieren des Zeltes lasse ich mir Zeit und sortiere die Bekleidung und die Ausrüstung gewissenhaft.

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26.06.1998

Ausstaffieren des Basislagers (5000 m)

Heute können wir mit dem Aufstehen warten, bis die ersten wärmenden Sonnenstrahlen das Zelt erreichen. Nach dem Aufwachen bleibe ich noch ein paar Minuten in meinem warmen Schlafsack liegen und genieße die innere Zufriedenheit, im Basislager angekommen zu sein.
Am Morgen bauen wir das Duschzelt auf und nach dem Mittagessen findet wie geplant das Training mit der Notfallausrüstung statt. Im Anschluss stellen wir die erforderliche Ausrüstung für den morgigen Aufstieg zusammen, die aus der üblichen Gletscherausrüstung sowie Fixseile, Firnanker und Eisschrauben besteht, um die gefährlichen Stellen im Eisbruch zu versichern.

27.06.1998

Akklimatisationstour im Gasherbrum Eisbruch (5700 m)

Mein Zelt ist in der Nähe des Küchenzeltes und so wache ich vom Geräusch des Kerosinkochers auf. Es ist jetzt 1:30 Uhr; bis zum offiziellen Wecken habe ich noch eine halbe Stunde Zeit. Da ich nicht mehr schlafen kann, ziehe ich mich langsam an und schaue anschließend nach dem Wetter. Die Berge sind von Wolken umhüllt, und es ist recht mild. Bis Peters Weckruf zur vereinbarten Zeit durch das Lager hallt, stehe ich schon in voller Montur vor dem Zelt.
Um 3 Uhr verlassen wir das Lager und suchen im Schein der Stirnlampen den Weg zum Gletscherbruch. Ein Markierungsfähnchen leitet uns gleich zu Beginn über mehrere Steilaufschwünge. Der Eisbruch wird jetzt immer wilder. Es geht vorbei an einsturzgefährdeten Eistürmen, durch Eiskanäle und über unendlich viele Spalten. Schneefall erschwert trotz Morgendämmerung die Wegefindung. So richtig Lust aufzusteigen, hat bei diesem Wetter niemand; wir setzen daher den Umkehrzeitpunkt auf 7 Uhr fest. Zunächst umgehen wir eine riesige Spalte und überqueren im Anschluss eine sehr filigrane, einsturzbereite Schneebrücke, bis wir einen geeigneten Platz für unser Depot finden. Nach einer Pause beginnen wir mit dem Abstieg durch das Eislabyrinth und sind zwei Stunden später wieder im Basislager.

28.06.1998

Vorbereitungen für den ersten Hochlageraufenthalt

Peter hat am Morgen den Wetterexperten Dr. Karl „Charly" Gabl in Innsbruck angerufen und sich von ihm die Prognose für die nächsten Tage eingeholt. Seiner Meinung nach sollte das Wetter in den nächsten beiden Tagen schön bleiben, danach müssten wir mit einem Wetterumschwung rechnen. Bei dieser Vorhersage gibt es nicht viel zu überlegen; wir müssen die Schönwettertage nutzen, um das Lager I (5900 m) und Lager II (6450 m) aufzubauen.
Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer hat ausschließlich den Gasherbrum II im Visier, und nur eine kleine Minderheit möchte im Anschluss an den Gasherbrum II noch den Hidden Peak versuchen. Die Aufstiegsroute zum Lager I ist für beide Berge identisch, danach trennen sich die Wege.
Peter und ich werden vom Lager I zum Hidden Peak gehen und zusammen mit den Dänen Bo Belvedere Christensen, Henrik Jessen Hansen und Jan Mathorne das Japaner-Couloir versichern.

29.06.1998

Heißer Tag im Lager I (5900 m)

Nahezu wortlos, ohne großen Appetit, versammeln wir uns im Essenzelt zum Frühstück. Mehr als ein kleines Stück Brot oder etwas Müsli bringt zu dieser frühen Stunde niemand herunter. Für eine Tasse Kaffee nehme ich mir allerdings die Zeit und bin danach bereit zum Aufbruch. Wie legen die Steigeisen an, schultern die schweren Rucksäcke, verabschieden uns vom Basislagerteam und marschieren los. Wir kommen gut voran und befinden uns bei Tagesanbruch schon im oberen Drittel des Eisbruches. Hier in 5700 m Höhe ist unser Materialdepot, welches wir jetzt auflösen.
Gegen 5:30 Uhr erreichen wir das obere Ende des Gasherbrum-Gletscherbruchs, wo sich Gasherbrum IV (7925 m), Gasherbrum III (7952 m), Gasherbrum II (8035 m) und der Ostgipfel des Gasherbrum II (7772 m) jetzt in einem fantastischen Morgenlicht zeigen. Wir umgehen die letzte große Spalte im Eisbruch und sind dann auf dem sonnenbeschienenen Plateau. Nur hundert Meter von uns entfernt stehen die ersten Hochlagerzelte in unmittelbarer Nähe der gewaltigen Spalten. Wir gehen noch ein Stück weiter in Richtung Hidden Peak und finden dort einen spaltenfreien Platz, auf dem wir das Lager I aufbauen. Die Sonne brennt jetzt vom Himmel und der Sonnenhut wird schnell zum wichtigsten Ausrüstungsgegenstand.
Auf dem Weg zum Hidden Peak ist erwartungsgemäß niemand unterwegs. Nur eine winzige Spur zeigt uns den Weg zum Gasherbrum-Sattel, zu dem Peter und ich morgen gehen wollen. Ein langer Tag mit Warten in dem heißen Zelten liegt vor uns. Dafür beschließt ein wunderschöner Sonnenuntergang den ersten Tag im Hochlager.

30.06.1998

Starker Wind im Lager II (6450 m)

Bei bestem Wetter verlassen wir zusammen mit einer japanischen Zweierseilschaft um 4:00 Uhr das Lager in Richtung Gasherbrum-Sattel. Wir gehen über die sich zum Eisbruch hin verengende Hochfläche. Die beiden Japaner kennen die Route durch den Eisbruch, und so folgen wir ihnen. Steile Rampen wechseln sich mit flacheren Abschnitten ab, bis wir schließlich den Gasherbrum-Sattel erreichen. Hier verwöhnt uns die Sonne mit angenehm warmen Temperaturen.
Ein riesiges Plateau liegt vor uns, welches durch die steilen Flanken von Gasherbrum II und dem Hidden Peak begrenzt wird. Wir gehen weiter über das leicht ansteigende Plateau, bis wir die Zelte unserer dänischen Freunde erreichen. Unsere erste Arbeit ist das Ausschaufeln der Zeltplattform.
Aufgrund des starken Windes suchen wir Schutz in unserem Zelt. Auch die Dänen Bo Belvedere Christensen, Henrik Jessen Hansen und Jan Mathorne müssen nach kurzer Zeit wieder aus dem Japaner-Couloir absteigen. Sorgen macht uns der im Verlauf des Tages immer stärker werdende Wind, der bis zum Abend Sturmstärke erreicht. Die Hoffnung, morgen im Couloir arbeiten zu können, schwindet immer mehr.

01.07.1998

Eilabstieg ins Basislager (5000 m)

Die ganze Nacht zerrt der Wind am Zelt und lässt uns nicht zur Ruhe kommen. Lange liege ich im Schlafsack und frage mich ernsthaft, was wir hier oben zu suchen haben. Ein Aufstieg ist heute nicht möglich; das Aussitzen des schlechten Wetters im Hochlager wäre Dummheit; das einzig Sinnvolle ist der sofortige Abstieg ins Basislager. Genau dazu entscheiden wir uns und setzen um 3:00 Uhr den Kocher in Gang.
Beim Verlassen des Zeltes bläst uns der Wind die Eiskristalle in Gesicht, die wie Nadeln auf der Haut brennen. Über dem Gasherbrum-Sattel ist es im Moment noch wolkenlos, jedoch von Westen nähert sich eine dunkle Wolkenfront, die uns kurz drauf erreicht. Bei starkem Schneefall erreichen wir das Lager I und ermuntern das Gasherbrum II-Team, mit uns zurück ins Basislager zu gehen. Wir setzen mit mehreren anderen Bergsteigern den Weg durch den Gasherbrum-Eisbruch fort und erreichen völlig durchnässt um 8:00 Uhr das Basislager.

02.07.1998

Anhaltende Schneefälle

Das Basislager ist heute Morgen tief verschneit und gleicht einer Winterlandschaft. Außer in den Küchenzelten ist bei keiner Expedition eine Aktivität zu erkennen. Nur durch den Gasherbrum-Eisbruch mühen sich unzählige Bergsteiger zum Basislager herunter. Das Gasherbrum II-Team und unsere dänischen Freunde treffen am späten Vormittag hier ein, nachdem die Dänen gestern noch vom Lager II abgestiegen sind und die Nacht in Lager I verbracht haben. Dort hat es in der Nacht 40 cm Neuschnee gegeben, wodurch jetzt akute Lawinengefahr besteht und der Rückzug ins Basislager die einzig vernünftige Entscheidung ist. Einen Großteil des heutigen Tages verbringen wir in unserem Gemeinschaftszelt mit Essen und Reden.

03.07.1998

Lawinenabgänge

Die Niederschläge haben in der Nacht nachgelassen, und die Sonne lacht uns entgegen, als wir uns in unserem Essenzelt um 8:00 Uhr zum Frühstück einfinden. Im Gegensatz zu gestern sind heute alle gut gelaunt, und die Ersten sprechen schon davon, möglichst morgen wieder aufzusteigen. Nach den starken Neuschneefällen erscheint mir der Zeitpunkt für einen neuen Anlauf verfrüht.
Am Morgen besprechen wir mit unseren dänischen Freunden die weitere Vorgehensweise. Bei der Einschätzung der Lawinengefahr haben wir sofort Übereinstimmung; wir wollen noch einen weiteren Tag abwarten, bis die Lawinen sich gelöst haben und der Schnee sich gesetzt hat. Das unbeständige Wetter mit immer nur wenigen Schönwettertagen in Folge hat unsere Planung ein wenig durcheinandergebracht. Für eine Besteigung brauchen wir mindestens vier bis fünf Tage stabiles Wetter und wollen zunächst den neusten Wetterbericht von Dr. Karl Gabl in Innsbruck einholen.
Es wurde viel geredet, diskutiert, geplant und das Ergebnis in einem Konzept zusammengefasst, wie wir als Fünferteam schnell und effizient die Schlüsselstellen auf dem Weg zum Gipfel versichern können.
Gegen Mittag donnert eine große Lawine vom Hidden Peak herunter, breitet sich auf dem Gasherbrum-Eisbruch aus und verschüttet einen Teil der Aufstiegsspur. Innerhalb der nächsten Stunden kommen unzählige kleinere und größere Lawinen, unabhängig von der Hangrichtung und Hangneigung.

04.07.1998

Vorbereitungen für einen Gipfelversuch

Am Morgen rufen wir Dr. Karl Gabl an und lassen uns eine Wettervorhersage für die kommenden Tage geben.
Vorhersage: In den nächsten Tagen befindet sich das Karakorum in einer schwach ausgeprägten Hochdruckzone. Im weiteren Verlauf nähert sich ein neues Tiefdruckgebiet, welches wieder ergiebige Schneefälle bringt.
Damit ist die Entscheidung gefallen! Während des Frühstücks stelle ich mit Peter die Liste der Hochlagerverpflegung zusammen. Wie bei unserer persönlichen Ausrüstung werden wir auch die Verpflegung auf ein absolutes Minimum beschränken, um Gewicht zu sparen.
Am Nachmittag besuchen uns unsere dänischen Freunde, und wir besprechen bei Kaffee und Kuchen die noch offenen Punkte für den morgigen Aufbruch. Dass wir die Distanz vom Basislager zum Lager II (6450 m) an einem Tag überwinden müssen, steht schon fest, da dort unsere Schlafsäcke deponiert sind. Wir planen um 1:00 Uhr zu starten, hoffen gegen 6:00 Uhr die Gefahrenstellen hinter uns zu haben und gegen 8:00 Uhr im Lager II einzutreffen.
Wegen des frühen Aufbruchs verlegen wir unser Abendessen um eine Stunde nach vorne. Zu diesem Zeitpunkt bewundern wir eine der schönsten Abendstimmungen, die wir im Basislager erlebt haben.

05.07.1998

Aufstieg zum Lager II

Um 1:00 Uhr ziehen wir die Kletterausrüstung an und verlassen das Lager. Zielstrebig gehen wir auf das erste Markierungsfähnchen am Beginn des Gletscherbruchs zu und warten dort auf unsere dänischen Freunde, deren Stirnlampen wir bereits in der Ferne sehen. Nach einer kurzen Begrüßung setzen wir zu fünft den Weg durch den zerklüfteten Eisbruch fort. Trotzt der aufwendigen Wegesuche und so mancher Umwege liegen wir gut in der Zeit und erreichen bei Tagesanbruch das Lager I.
Wir halten uns bei Lager I nicht lange auf, sondern gehen unmittelbar weiter in Richtung Gasherbrum-Sattel. Hier auf der Hochfläche zum Eisbruch finden wir Bruchharsch vor. Wir sinken bei jedem Schritt etwa 15 cm tief ein, eine kraftraubende und zermürbende Gehweise.
Um 7:00 Uhr haben wir schließlich den Eisbruch überwunden. Auf dem Gasherbrum-Sattel bläst uns wieder einmal ein eiskalter Wind entgegen. Schritt für Schritt plagen wir uns auf dem Plateau nach oben, bis wir zu unserem kaum noch aus dem Schnee herausschauenden Zelt kommen. Wir schaufeln das Zelt frei und beginnen danach mit dem Schmelzen von Schnee.

06.07.1998

Versichern des Japaner-Couloirs

Im Verlauf der Nacht hat der starke Wind deutlich nachgelassen, und am Morgen sind nahezu ideale Bedingungen. Dem Aufstieg im Japaner-Couloir steht somit nichts mehr im Wege. Hoch motiviert, aber mit einem enormen Respekt vor dieser gewaltigen Rinne, ziehen wir uns im Zelt die Bergsteigerausrüstung an. Das zunächst recht breite und etwa 40 Gad steile Couloir ist im unteren Bereich mit Schnee gefüllt. Mit zunehmender Höhe verjüngt sich die Rinne, und in Folge versperrt ein Felsriegel den direkten Aufstieg, was ein Ausweichen in die seitlichen Felsen erforderlich macht. Eine markante Felsrippe links der Rinne bietet sich dafür an, wo man auch nicht so stark den Gefahren durch Schneebretter, Eisschlag und Steinschlag ausgesetzt ist.
Zunächst zieht die Schneerinne langsam und stetig nach oben, wird dann immer steiler und erfordert bald den Einsatz des Pickels, um sicher nach oben zu kommen. Bei unserer Ankunft an der Felsrippe haben die Dänen bereits die ersten 50 m Seil fixiert. Nach einer kurzen Verschnaufpause steigen wir unter Zuhilfenahme der Steigklemme nach oben.
Mads steigt gerade die nächste diffizile Seillänge vor, die über schräg geschichtete Felsen und nicht verfestigtem Schnee bis zum Beginn einer längeren Querung führt. Im Anschluss an diese etwa 100 m lange Querung folgt ein großes, etwa 50 Grad steiles Firnfeld. Hier übernehme ich die Führung der nächsten beiden Seillängen. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmt mich, als ich meine Tritte in den unberührten Schnee setzen kann. In gleichmäßigem Tempo trete ich einen Tritt nach dem andern in dem etwa 50 Grad steilen Schneefeld. Zunächst geht es nahezu geradlinig über das Schneefeld hinauf bis zu einer Felsrippe. Sie muss im Anschluss überklettert werden, um in die darüber liegende schmale Schneerinne zu gelangen. An der Felsrippe, die eine weitere Seillänge von unserem Standplatz entfernt ist, werde ich den nächsten Sicherungspunkt am Felsen anbringen.
Bis zu diesem Standplatz haben wir bereits 350 m Fixseil verlegt. Das Couloir wird jetzt immer enger und steiler. Die nächste Seillänge übernimmt wieder Mads. Nach einer Felsquerung wechseln sich Schnee- und Blankeispassagen in der gut und gerne 55 Grad steilen Rinne ab. Peter übernimmt die nächste Seillänge in der schmalen Rinne bis zum darüber liegenden Schneefeld; dann versichern Bo und Hendrik den folgenden Abschnitt. Gegen 12:00 Uhr erreichen wir den engen Durchschlupf, der zu dem oberhalb der Felsen gelegenen Schneefeld führt. Dort sind die verfügbaren 500 m Fixseile verbraucht, es fehlen noch etwa 50 m, um die letzte Blankeispassage abzusichern. Das müssen wir also auf den Tag des Aufstiegs zum Lager III (7050 m) verschieben.
Jetzt ist für das Abseilen an den Fixseilen volle Konzentration gefordert. Knapp eine Stunde später stehe ich an der Felsrippe, an der unser Fixseil endet. Ich warte hier auf die anderen, und gemeinsam gehen wir hinunter zu unseren Zelten in Lager II.

07.07.1998

Rückzug ins Basislager

Der Wind hat in der Nacht von West nach Nord gedreht und ernorm an Stärke zugenommen. Zur Weckzeit um 4:00 Uhr liegt auf unseren Schlafsäcken eine dünne Schneeschicht. Vorsichtig öffne ich den Reisverschluss am Zelteingang und kann nur das untere Drittel vom Japaner-Couloir einsehen, der Rest versteckt sich in den Wolken. Nach diesem eher abschreckenden Anblick schließe ich das Zelt und verkrieche mich wieder in meinen Schlafsack.
Um 6:00 packen wir unsere Ausrüstung zusammen und beginnen mit dem Aufstieg. Unsere dänischen Freunde ziehen es vor, noch etwas abzuwarten. Im Schneegestöber steigen wir hinauf zum Beginn der Fixseile im Couloir. Nur der Blick nach oben zu den mit Schnee überzogenen Felsen und den vereisten Seilen macht uns nachdenklich.
Die Zähne der Steigklemme finden am Seil keinen Halt und ich muss immer zuvor die Eisschicht am Seil entfernen. So rutscht entweder die Steigklemme durch oder die Steigeisen finden in dem mit Triebschnee gefüllten Rinnen keinen Halt. Sehr schnell wird das Ganze zu einem großen Gewühle, an ein vernünftiges Vorankommen ist nicht zu denken. Nach 100 Metern entscheiden wir uns zähneknirschend für den Rückzug.
Eine halbe Stunde später sind wir wieder im Lager II. Nachdem wir unsere Ausrüstung in unserem Zelt verstaut haben, verabschieden wir uns von Bo, Henrik und Jan und begeben uns auf den Rückweg zum Lager I.
Kaum haben wir den Gasherbrum-Sattel verlassen und die ersten Stufen des Eisbruchs erreicht, kommt die Sonne zum Vorschein. Das darf nicht wahr sein! Bei der Ankunft im Lager I ist es fast windstill, während am Gasherbrum-Sattel der Wind immer noch die Wolken vor sich hertreibt. Wir trinken noch einen Tee und verlassen um 9:00 Uhr das Lager. Hungrig und müde treffen wir um 12:00 Uhr im Basislager ein.
Am Nachmittag genieße ich es, in meinem Zelt zu liegen, Musik zu hören und einfach an nichts zu denken.

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08.07.1998

Taktik für den Gipfelversuch

Heute ist der optimale Gipfeltag, weder Windfahnen noch Wolke beeinträchtigen die Sicht vom Basislager auf den Gipfel des Hidden Peak. Einer vermeintlich vertanen Chance nachzutrauern, hilft uns jetzt nicht – im Gegenteil. Wir haben die Risiken im Couloir sehr genau analysiert und uns gegen einen weiteren Aufstieg entschieden. Dafür sitzen wir jetzt gesund im Basislager und können jederzeit einen neuen Versuch starten. Genau darauf möchte ich mich jetzt konzentrieren und die dafür notwendigen Vorbereitungen treffen. Zunächst brauchen wir einen möglichst präzisen Wetterbericht für die kommenden Tage von Karl Gabl, den Peter, wie üblich, per Satellitentelefon einholt. Am Sonntag den 12.07.2010 soll uns ein neues Tiefdruckgebiet erreichen. Bis dahin ist mit ruhigem und weitgehend wolkenlosem Wetter zu rechnen.
Nach dieser Prognose bleiben uns nur drei Tage für die Besteigung und die Rückkehr ins Basislager. Wir erarbeiten einen Plan, wie wir das umsetzen könnten.

Plan A:
1. Tag: Aufstieg zum Lager II; 2. Tag: Aufstieg zum Lager III; 3. Tag: Gipfel und Rückkehr ins Lager III; 4. Tag: Rückkehr ins Basislager.

Plan B:
1. Tag: Aufstieg zum Lager III; 2. Tag: Gipfel und Rückkehr ins Lager III; 3. Tag: Rückkehr ins Basislager.

Obwohl der Plan B sehr viel anspruchsvoller ist, kann ich mich mit ihm eher anfreunden und würde ihn gerne umsetzen.
Die Ausrüstung für den Gipfelversuch reduzieren wir auf das Allernötigste. Mit diesem minimalen Gepäck sollten wir das Lager II in sechs bis sieben Stunden erreichen können und in weiteren vier bis fünf Stunden das Lager III.

09.07.1998

Speed-Aufstieg zum Lager III

Wir verlassen das Basislager zu unserer üblichen Zeit um 1:00 Uhr und wenig später hasten wir durch den zerklüfteten Eisbruch. Immer wieder schaue ich auf meine Uhr und kann es kaum noch erwarten, bis die letzte große Spalte vor dem Lager I (5900 m) vor uns auftaucht. Von dort folgen wir noch 20 Minuten den Markierungsfähnchen bis zu unseren Zelten.
Nach einer viertelstündigen Pause gehen wir weiter in Richtung Gasherbrum-Sattel. Gerade rechtzeitig zum Sonnenaufgang erreichen wir eine Erhebung im oberen Drittel des Eisbruchs, von der aus ich ein herrliches Panorama fotografieren kann. Ohne eine weitere Pause gehen wir zügig bis zu unserem Lager II und warten im Zelt, bis die Sonnenstrahlen auch diesen Platz erreichen.
Um 8:00 Uhr verlassen wir das Lager II. Den breiten unteren Teil des Couloirs bis zum Beginn der Fixseile steigen wir zunächst in Serpentinen auf. Je höher wir kommen, um so überwältigender ist die Aussicht an diesem wolkenlosen und nahezu windstillen Morgen. Die letzte heikle Felsrippe vor dem Lager III ist gegen 10:00 Uhr überwunden und in dem darüber liegenden Schneefeld finden wir ideale Bedingungen vor. Dieses Schneefeld unterhalb von Lager III ist nicht mehr ganz so steil, und wir durchsteigen es ohne Sicherung.
Um 12:00 Uhr erreichen wir den Lagerplatz in 7050 m Höhe, auf dem schon das Zelt unserer dänischen Freunde steht. Nach einer kurzen Pause bauen wir unser kleines einwandiges Zelt in unmittelbare Nähe des anderen Zeltes auf.
Mads, Jan und Mathorne haben gegen 10:00 Uhr den Gipfel erreicht und wir sprechen unsere Glückwünsche aus. Mads und Mathrone steigt zum Lager II ab und Bo und Mathorne bleiben noch eine Nacht im Lager III. Am Abend schmelzen wir noch genügend Schnee, um alle Trinkflaschen für den morgigen Aufstieg aufzufüllen.

10.07.1998

Gipfeltag

Eine Stunde vor Mitternacht piepst der kaum wahrnehmbare Wecker in der Armbanduhr und unterbricht den Schlaf. Draußen hat es um die -20 °C und es geht kein nennenswerter Wind. Um Mitternacht beginnen wir mit dem Aufstieg. Der Sternenhimmel sorgt für eine gewisse Grundhelligkeit, die zum Erkennen der Felskonturen ausreicht. Ich fühle mich wie an einem Viertausender in den Westalpen und bin viel zu schnell für eine Höhe über 7000 Meter. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Peter nicht mehr direkt hinter mir ist und ich auf ihn warten muss, bis er wieder aufgeschlossen hat.
Wir queren jetzt auf den breiten Gletscher, der von etwa 7600 m Höhe in einer Neigung von 50 – 55 Grad herunter fließt und schließlich schroff in der Nordwestwand abbricht. Mehrmals muss Peter mühsam aufschließen; ich mache mir Sorgen über den unerwarteten Leistungseinbruch. Peter sagt mir, dass ich schon mal vorgehen soll. Nach anfänglichem Zögern gehe ich mein eigenes Tempo und bald ist unter mir nur noch das Licht von Peters Stirnlampe zu sehen. Eigenartig, wie allein ich mich plötzlich fühle. Obwohl es immer wieder den Anschein hat, dass sich der Hang etwas zurücklehnt, wird er kurz darauf schon wieder steiler. Langsam beginnt es zu dämmern und ich erkenne über mir eine sich verengende Schneerinne, in der noch Spuren der Dänen zu erkennen sind. Mein suchender Blick nach Peter ist erfolglos, ich kann ihn nicht mehr sehen.
Die ersten Sonnenstrahlen treffen jetzt den Gipfelaufbau des K2 und wenig später sind sie auch bei mir. Eine unglaubliche Wärme durchströmt mich. In kürzester Zeit spüre ich wieder Leben in den tauben und gefühllosen Fingern und Zehen. Am Gasherbrum II-Südost-Grat erkenne ich unzählige Bergsteiger, die sich im Gipfelaufstieg befinden. Ich fotografiere und suche mir einen geeigneten Platz, an dem ich Daunenanzug ausziehen kann. Mit dem Daunenanzug ist mir der Rucksack zu schwer und ich lasse ihn zurück.
Die Temperatur empfinde in meiner leichteren Bekleidung als angenehm. Eine halbe Stunde später bin ich unterhalb des kleinen Sattels, von dem Bo gestern berichtet hat. Tatsächlich führen die Spuren sowohl zum Felsen auf der linken Seite wie auch zu einem gut 60 Grad steilen Firngrat auf der rechten Seite. Die Firnschneide gleicht einer Himmelsleiter, die so aussieht als würde sie im Nichts enden.
Beim Anblick der Frontalzacken-Einstichlöcher in der gut 60 Grad steilen Firnflanke bleibt mir zunächst die Spucke weg. Das Hinaufkommen macht mir im Moment weniger Kopfzerbrechen als das Heil-Hinunterkommen. Ich atme nochmals tief durch, nehme allen Mut zusammen und steige über die Firnflanke und einem Firngrat zum Gipfel.
Bevor ich mich in Ruhe dem Panorama widme, gehe ich soweit vor, bis ich die Zelte im Lager III sehen kann. Mir fällt ein Stein vom Herzen, als ich Peter vor dem Zelt im Lager III stehen sehe, und er mir zuwinkt. Es ist erst 8:00 Uhr; ich habe also den Gipfel innerhalb von 31 Stunden vom Basislager aus erreicht. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl stellt sich bei mir ein und ich begreife ganz langsam, was mir da geglückt ist.
Ich kann mich kaum von der herrlichen Aussicht trennen und bleibe etwa eine Stunde auf dem Gipfel. Schließlich muss ich mich aber doch dem heiklen Abstieg zum Sattel zuwenden. In dem steilen Gipfelhang steige ich vorsichtig rückwärts hinunter zu meinem Rucksack. Dieser heikelste Abschnitt ist schon mal überstanden, jetzt geht es nur noch darum, wie ich die nächsten 800 Höhenmeter bis zum Lager III sicher hinunterkomme.
Endlich um 11:30 Uhr erreiche ich das letze Schneefeld vor dem Lager III und sehe Peter vor unserem Zelt stehen. Ich mobilisiere die letzten Reserven und bringe mehr stolpernd als gehend auch diesen letzten Hang hinter mich. Dann können wir uns endlich in die Arme nehmen und ich sage Peter, wie leid es mir tut, ohne ihn am Gipfel gewesen zu sein. Peter ist heute Nacht ausgerutscht und etwa 400 Meter den Gletscher hinuntergefallen und hat sich dabei das Knie verletzt. Aus diesem Grunde entscheiden wir uns für den sofortigen Abstieg.
Um 14:00 Uhr beginnen wir mit dem Abstieg durch das Japaner-Couloir und sind wir zwei Stunden später im Lager II.

11.07.1998

Rückkehr ins Basislager

Ein Tag nach dem Gipfelgang ist die Nacht schon um 3:00 Uhr zu Ende. Gerne hätte ich noch ein paar Stunden geschlafen, aber ich muss mit Peter so schnell wie möglich ins Basislager absteigen. Auf das Frühstück verzichten wir heute und beginnen sofort mit dem Verstauen der Ausrüstung in die Rucksäcke. Schwer bepackt verlassen wir das Lager II eine Stunde später. Trotz der optimalen Schneebedingung tut sich Peter auf den ersten Metern sehr schwer mit dem Gehen. Schon eine halbe Stunde später liegt der Eisbruch hinter uns, und wir gehen auf der fast ebenen Hochfläche zum Lager I. Im Lager I machen wir eine kleine Pause und steigen dann weiter zum Basislager ab.
Zum Glück sind über den breiten Spalten noch die Schneebrücken vorhanden, sodass sie nicht übersprungen werden müssen. Um 8:00 Uhr werden wir im Basislager von unserer Begleitmannschaft herzlich empfangen und bekommen sofort ein Frühstück serviert. Bis zum Mittag sitzen wir im Essenszelt und essen, trinken und erzählen unsere Erlebnisse.
Am Nachmittag ziehen die ersten Wolken auf und kündigen den von Karl Gabl vorhergesagten Wetterumschwung an.

12.07.1998

Hubschrauber wird angefordert

In der Nacht beginnt es zu regnen alles richtig ekelig nass, als ich am Morgen das Zelt verlasse. Nach unserem ausgedehnten Frühstück treffen Jozef, sowie Ray von ihrem Gipfelgang am Gasherbrum II im Basislager ein. Ray hat sich an dem Tag, an dem ich ohne Daunenanzug am Gipfel des Hidden Peak war, in dem nur wenige Kilometer entfernten Gasherbrum II die Finger erfroren. Um welchen Erfrierungsgrad es sich handelt, kann von uns hier vor Ort nicht festgestellt werden. Es sind aber Blasen vorhanden, und er klagt über Gefühllosigkeit, was zumindest dem 2. Grad zugeordnet werden kann. Wir verbinden die betroffenen Finger und ziehen ihm zum Schutz vor Kälte Handschuhe darüber. Viel mehr können wir für ihn hier im Basislager nicht tun.
Jetzt kann unser Begleitoffizier seine Beziehungen zum Militär in die Waagschale werfen, um möglichst schnell einen Hubschrauberflug für Ray vom Basislager nach Skardu zu bekommen. Der Baltoro ist militärisches Sperrgebiet, und so dürfen nur Militärhubschrauber ins Basislager fliegen. Nach einem langen Telefonat mit seiner Dienststelle klingt die Antwort des Begleitoffiziers nicht sehr zuversichtlich. Am Nachmittag setzt Schneefall ein, was die Wahrscheinlichkeit eines Rettungsflugs auf null sinken lässt.
Peter ist in Bezug auf sein schmerzendes Knie heute zuversichtlicher als gestern. Möglicherweise handelt es sich nur um eine Bänderdehnung und nicht um einen Bänderriss, wie anfänglich vermutet.

13.07.1998

Träger werden angeheuert

Der Schneefall hat in der Nacht nachgelassen, aber dicke Wolken verhindern am Morgen die Sicht auf die Berge. Zunächst rufe ich im Trekkingbüro von Ashraf Aman an und versuche meinen Flug nach Deutschland auf einen früheren Zeitpunkt umzubuchen, was nach längerem Verhandeln auf den 20.07.1998 möglich ist. Es stehen mir somit noch sieben Tage für den Rückweg nach Askole und die Fahrt nach Islamabad zur Verfügung. Um das Basislager mit meinem Gepäck verlassen zu können, benötige ich Träger, die zunächst vom Concordia-Platz herbeigerufen werden müssen.
Über Telefon ist das natürlich nicht möglich, und so erklärt sich unser Koch Qasim bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Gegen Mittag verlässt er das Basislager, um Träger anzuheuern. Den Nachmittag verbringe ich mit dem Verpacken meiner Ausrüstung, die ich mit viel Mühe in meine Transporttonnen verstaue.
Wie nicht anders zu erwarten war, ist bei dem wolkenverhangen Himmel heute keine Hubschrauber zu uns gekommen.

14.07.1998

Träger kommen

In der freudigen Erwartung, dass die Träger am frühen Morgen im Basislager eintreffen, stehe ich um 6:00 Uhr auf und baue mein Zelt ab. Auch Ray geht sehr früh zu dem eigens für diesen Einsatz präparierten Hubschrauberlandeplatz und wartet dort stundenlang geduldig auf die Rettung aus der Luft.
Nach vergeblichen Warten stelle ich am späten Nachmittag das am Morgen abgebaute Zelt wieder am ursprünglichen Platz auf. Am späten Abend trifft unser Koch Qasim mit den Trägern endlich ein. Wir vereinbaren, morgen bei Tagesanbruch, das Basislager zu verlassen.

15.07.1998

Trekking vom Basislager nach Gore II

Um 5:00 werde ich von unserem Sirdar geweckt. An diesem Morgen ist meine Stimmung nicht mehr von den Gedanken um bevorstehende Aufstiege, sondern von der Vorfreude auf die Rückkehr nach Hause geprägt.
Ich habe mein bergsteigerisches Ziel erreicht. Die Art und Weise, wie es erreicht wurde, erfüllt mich mit großer Zufriedenheit. Die gemeinsamen Tage mit den Kameraden waren ein schönes Erlebnis.
Das letzte Frühstück im Lager, die Post der Kameraden für die Heimat eingesteckt, ein paar aufmunternde Worte und gute Wünsche für die Kameraden, deren Grüße an die Heimat, und dann marschiere ich mit meinen drei Trägern los. Doch der Baltoro macht mir den Abschied nicht leicht: Direkt vor unseren Augen steht die formschöne Chogolisa, deren von hier aus sichtbarer Ostgipfel (7654 m) im Jahr 1958 von einer japanischen Expedition erstmals bestiegen wurde. Der Hauptgipfel (7668 m), der erst später sichtbar wird, wurde im Jahr 1975 von einer österreichischen Expedition erreicht. Am gut sichtbaren Südostgrat der Chogolisa fand Herman Buhl, der Erstbesteiger von Nanga Parbat und Broad Peak, im Jahr 1957 den Tod. Zurückblickend beeindruckt nochmals der vielgipfelige Baltoro-Kangri (7300 m) mit seinen gewaltigen Eismassen. Doch schon nimmt im Nordwesten eine neue imposante Felsgestalt den Blick gefangen: der Muztagh Tower (7284 m) – aus dieser Richtung ein kühner, schlanker und abschreckend wirkender Turm. Links davon, am Concordia-Platz, der Doppelgipfel des Mitre Peak (6030 + 6025 m). Rechts vom Muztagh Tower fällt der unglaublich spitze Gipfel des New Cristal Peak (6252 m) auf. Weiter rechts folgen die Siebentausender Praqpa Ri (7150 m) und Skil Brum (7350 m). Wir nähern uns Concordia – und nun kommt auch wieder der alles in den Schatten stellende K2 in Sicht. In der Nähe von Concordia sind einige Gletscherbäche zu überwinden, die in Anbetracht des fortgeschrittenen Sommers zu gefährlichen Wildbächen geworden sind. An manchen Stellen müssen die Expeditionen die Übergänge mit Leitern präparieren, um den schwer beladenen Träger die Querung zu ermöglichen.
Ich kann mich nur schwer von Concordia trennen. Marble Peak, K2, Broad Peak, Gasherbrum IV, Baltoro Kangri, Khumul Gri, Mitre Peak: Man kann sich nicht sattsehen an diesen Bergen des Baltoro.
Um 17:30 Uhr kommen wir in Gore II an. Hier lagert eine französische Expedition, die mich herzlich zum Abendessen einlädt. Es wird ein schöner Abend mit einem herrlichen Sonnenuntergang. Drei kühne Berggestalten beherrschen die Bergszenerie: der Gasherbrum IV (7925 m) im Osten; der Masherbrum (7821 m) im Südwesten und der Muztagh Tower (7284 m) im Nordwesten. Von Gore II ist heute die abschreckend steile Nordost- und Nordwand des Masherbrum zu sehen.

16.07.1998

Von Gore II nach Payu

Ich habe es eilig und um 5:00 Uhr ist Abmarsch. Kein Berg will mich jetzt mit seinem Anblick aufhalten, denn es ist bewölkt, regnerisch und kühl. Und das ist wirklich schade, denn ich hätte schon gerne nochmals das herrliche Panorama rund um den unteren Baltoro-Gletscher als Wegbegleiter gehabt. Es ist ein endlos erscheinender Marsch, zunächst über unebenes Eis und Gletscherbäche, dann in ewigem Auf- und Ab über die Schotterhügel und entlang der Moränen.
Nach über 35 km tatsächlicher und mindestens 50 km gefühlter Gehstrecke kommen wir gegen 18:30 Uhr in Payu an. Der ganze Körper schmerzt, während ich das Zelt aufbaue. Kaum bin in drin, fängt es an zu regnen, und es regnet die ganze Nacht.

17.07.1998

Von Payu nach Korophon

Schon wieder um 4:00 Uhr aufstehen! Das Zelt ist triefend nass, das Frühstück ist ungemütlich. So gut es geht, verstauen wir das nasse Zeug und brechen auf. Erfreulicherweise bessert sich das Wetter, und bald scheint die Sonne. Als wir am Seitental des Dumord-River ankommen, gibt es keinen Zweifel, wie wir weitergehen müssen: das Seitental hinauf bis zum Lagerplatz Jhula, dort über die neue Hängebrücke und jenseits wieder hinunter zum Ufer des Haupttales.
Ich genieße nun also den "Luxus" der neuen Hängebrücke. Beim Einbiegen ins Haupttal haben wir dann aber doch wieder einige Mühe, weil sich der in den Fels gesprengte neue Weg direkt oberhalb des wild tobenden Wassers noch "im Rohbau" befindet. Nach ein paar aufregenden Kletterpartien kommen wir aber doch unbeschadet zur Flussebene von Korophon am Biafo-Gletscher, wo wir unser Nachtlager aufschlagen.

18.07.1998

Von Korophon nach Skardu

Am frühen Morgen brechen wir nach Askole auf. Beindruckend ist erneut die Querung des Biafo, der wild schäumend unter der zwischen zwei großen Felsen gespannten kurzen Hängebrücke dahinschießt. In Askole halten wir uns nicht länger auf, sondern gehen noch eine knappe Stunde weiter zum nächsten Dorf, wo ein Jeep auf uns wartet. Er hat z. Zt. aber nur einen begrenzten Aktionsradius, weil der hochwasserführende Süd-Braldu weiter unten die Straße unterbrochen hat. Es ist erst 10:00 Uhr, als wir an dieser Stelle ankommen. Hier hilft nur eins: Sämtliches Gepäck schultern, am Hang entlang klettern und jenseits der Unterbrechung wieder die Straße erreichen. Dort wartet bereits ein anderer geschäftstüchtiger Jeepfahrer. Es folgt eine qualvolle, lange Fahrt bis Skardu. Gegen 17:00 Uhr stehe ich wieder vor dem K2-Hotel und es bläst der in Skardu übliche Sandsturm.

19.07.1998

Von Skardu nach Islamabad

Eine angenehme Nacht liegt hinter mir, als ich um 7:00 Uhr am Frühstückstisch sitze. Das Wetter ist gut und der einstündige Flug nach Islamabad wir bei der telefonischen Anfrage am Flughafen für heute um 11:45 Uhr bestätigt. Sofort steige ich in den bereitstehenden Jeep vor dem Hotel, der mich zum Flughafen bringt. Dort bekomme ich mein Ticket, warte noch einige Zeit in der kleinen Wartehalle, bis ich mit einer halben Stunde Verspätung in das Flugzeug einsteigen kann. Während des Fluges ist zuerst die Sicht auf den Karakorum und später den Nanga Parbat eine Attraktion, welche sich kein Fluggast entgehen lassen will. Zeitweise ist es nicht mehr möglich, überhaupt aus den Fenstern zu sehen, so dicht gedrängt stehen die Passagiere davor. Leider geht ein Flug mit so einer gewaltigen Aussicht immer viel zu schnell vorüber. Am Flughafen werde ich von einem Mitarbeiter der Trekkingagentur abgeholt und ins Hotel gebracht. Dort vergeht die Zeit wie im Flug, und am Abend folge ich der Einladung von Ashraf Aman zum Abendessen. Es ist ein netter Abend, an dem ich mit Glückwünschen überschüttet werde.

20.07.1998

Rückflug nach Frankfurt

Mit dem Rückflug nach Frankfurt endet diese Expedition, die zu meinen herausragendsten Erlebnissen an den hohen Bergen zählt.

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