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19.05.1991

Durch den Eiscouloir um Lager IV (7350 m)

Nachdem die Sonne die Zelte gegen 8:00 Uhr erreicht hat, machen wir uns zusammen mit den Belgiern startklar für den Aufstieg. Zunächst gehen wir mit den Skiern bis zum Ende des Korridors, deponieren die Ski dort und beginnen dann mit dem Aufstieg durch den großen Eiscouloir. Über Schnee und Blankeis steilt das Couloir immer mehr auf und erreicht 40-45 Grad Neigung. An den kritischen Stellen bringen unsere Sherpas Fixseile an, über die wir bis etwa 7250 m hinaufsteigen. Es folgt eine lange Querung nach links bis zu einem markanten Felskopf, neben dem unser Lager IV bereits von unseren Sherpas aufgebaut wurde. Es ist ein exponierter Lagerplatz, von dem aus auch das Lager III und das Basislager eingesehen werden kann. Bei der Ankunft ist die Temperatur noch angenehm und so beginnen wir sofort mit dem Schmelzen von Schnee. Im Anschluss schlüpfen wir in die Schlafsäcke und ruhen uns für den morgigen Gipfeltag aus.

20.05.1991

Gipfelanstieg über die NO-Wand (8013 m)

Um 1:00 Uhr klingelt der Wecker und wir beginnen mit der Zubereitung des Frühstücks. Der Wind ist allerdings so stark, dass wir unseren Start verschieben müssen und noch etwas weitern schlafen. Erst gegen 4:00 Uhr lässt der Wind etwas nach und wir beginnen uns anzuziehen. Das Anziehen von Schuhen, Klettergurten, Steigeisen, usw. nimmt viel Zeit in Anspruch, da zu dritt in einem Zelt nur einer wirklich agieren kann. Aber wir können tatsächlich um 5:00 Uhr starten. Gleich hinter den Zelten geht es relativ steil nach oben. Wir folgen zunächst dem Grat in Richtung Zentralgipfel, welches der übliche Normalweg ist. Später queren wir in die NO-Wand und nehme in etwa die Route von Reinhold Messner und Friedl Mutschlechner vom 28.05.1981, oberhalb der oberen Traverse der Erstbesteiger. Oberhalb des Gendarmen beginnen wir mit der nicht ungefährlichen Querung zum Sattel zwischen Zentral- und Hauptgipfel. Allerdings sind die Schneebedingungen in der Querung besser wie zunächst vermutet und somit die Lawinengefahr vertretbar. Am Sattel sind dann plötzlich wieder Spalten vorhanden und wir gehen von hier bis zum Hauptgipfel angeseilt nach oben. Im Gipfelbereich ist es unnatürlich warm, sodass wir nur mit den Flies bekleidet zum Gipfel gehen. Den erreichen wir um 14:00 Uhr bei nicht mehr ganz optimalen Wetterbedingungen. Leider ziehen rasch Wolken auf und erlauben uns keinen ungehinderten Ausblick auf die umliegenden Berge. Nichtsdestotrotz freuen sich Ottilie Dörrich, Kurt Hecher, Theo Fritsche, Herwig Schnutt, Günther Härter und ich riesig über unseren Gipfelerfolg. Nach den obligatorischen Gipfelbildern steigen wir umgehend ab. Der gesamte ungesicherte Abstieg in dem 35 – 45 Grad steilen Gelände erfordert nochmals volle Konzentration. Zwischen 17:00 und 18:00 Uhr erreichen alle wohlbehalten das Lager III. Etwas später treffen auch unsere belgischen Bergfreunde im Lager ein. Sie haben unterhalb des Gipfels umgedreht, weil sie zu langsam waren.

21.05.1991

Abstieg ins Lager I (5800 m)

Gegen 8:00 Uhr beginnen wir mit dem Abstieg durch den Eiscouloir entlang der Fixseile zum Korridor. Ab unserem Ski Depot fahren wir zunächst zum Lager III und treffen auf halben Weg unsere zweite Gruppe, die sich jetzt im Aufstieg zum Lager IV befindet. Sie besteht aus den Teilnehmen Werner Braun, Werner Meichsner, Günther Semmler und Karl-Heinz Thiele, die uns zu unserem Gipfelerfolg gratulieren und wir ihnen gutes Gelingen wünschen. Günther Härter spricht die Empfehlung aus nicht die lange und mühsame Querung zu nehmen, sondern direkt zum wesentlich näheren Zentralgipfel zu gehen. Zum Schluss wird das Funkgerät übergeben und dann geht es zum Lager III. Hier legen wir eine kurze Pause ein, trinken Tee und essen etwas. Im Anschluss fahren wir langsam hinunter zum Lager II, wo wir weiter Ausrüstung einpacken und wegen der extrem schlechten Schneeverhältnisse zu Fuß absteigen. Dieses Mal erwischt es Kurt mit einem Spaltensturz, der aber auch glimpflich ausgeht. Um 17:00 Uhr haben wir es geschafft, unsere Gruppe ist heil vom Berg heruntergekommen und im Lager I. Unsere Sherpas habe eine Suppe für uns gekocht und so sinkt unser Adrenalinspiegel langsam auf ein erträgliches Maß. Für mich ist es die zweite Besteigung eines Achttausenders, die mir gelungen ist. An diesem Abend unterhalten wir uns noch lange und finden nur schwer den nötigen Schlaf.

22.05.1991

Abstieg ins Basislager (5100 m)

Heute Morgen bläst der Wind im Lager I recht stark und es zieht hohe Schichtbewölkung auf, die mal wieder auf eine Wetterveränderung hindeuten. Gegen 8:00 Uhr verlassen wir das Lager und begeben uns auf den langen Weg zum Basislager. Gegen 11:00 Uhr gibt es einen Funkkontakt mit unserer zweiten Gruppe, die sich im Aufstieg zum Gipfel befindet. Außer Werner Braun, der mit Problemen mit seinen Augen im Lager IV geblieben ist, sind die drei Bergsteiger in der Höhe des Gendarmen in etwa 7800 m Höhe. Günther Härter ermahnt die Drei nochmals, kein unnötiges Risiko einzugehen und das Wettergeschehen zu beobachten. Es wird vereinbart, zu jeder vollen Stunde Funkkontakt aufzunehmen. In den nächsten Stunden kommt kein weiterer Funkkontakt zustande und das Wetter verschlechtert sich weiter. Wir treffen um 15:00 Uhr im Basislager ein und können wegen der Bewölkung die Gipfeletappe nicht mehr einsehen. Bis zum Abend wissen wir nicht ob unser Freunde den Gipfel erreicht habe. Wir gehen aber davon aus, dass unsere Bergfreunde jetzt wieder im Lager IV sind.

23.05.1991

Lager III wir von den Sherpas abgebaut

Am Morgen liegen ein paar Zentimeter Neuschnee im Basislager und das Wetter ist wieder gut. Günther und Kurt fahren nach dem Frühstück zusammen mit den Tibetern nach Nyalam, um den Bus und die Lkws zu bestellen. Unsere beiden Sherpas Rau und Indre steigen am Morgen vom Lager I zum Lager III und wollen dieses abbauen. Obwohl die Etappe von Lager III zu Lager IV nahezu vollständig einsehbar ist, können sie niemand im Abstieg erkennen. Da die Beiden keine Schlafsäcke dabeihaben und somit nicht im Lager III auf unsere Freunde warten können, bauen Sie wie geplant das Lager III ab und kehren zurück ins Lager I, wo Sie gegen 15:00 Uhr eintreffen. Um 18:00 Uhr haben wir dann den ersten Funkkontakt mit Lager I und erfahren den Sachverhalt des heutigen Tages. Wir sind ratlos und machen uns jetzt ernsthafte Sorgen um unsere Freunde. Um 20:30 Uhr kommt dann Günther von Nyalam zurück und bei einem weiteren Funkkontakt mit Lager I wird vereinbart morgen Früh, um 7:00 das weitere Vorgehen zu besprechen.

24.05.1991

Aufklärungsflug wird in Lasa beantragt

Nach der Ungewissheit über unsere vier Bergfreunde habe ich in dieser Nacht kein Auge zugemacht. Früh am Morgen fahren Günther und Kurt mit dem Jeep so weit wie irgend möglich auf der Seitenmoräne in Richtung Lager I. Mit dem Fernrohr der Belgier wird die Gipfeletappe und der Zu- und Abstieg abgesucht, allerdings ist dort keinerlei Bewegung festzustellen. Vom Lager I sind zwischenzeitlich alle drei Sherpas auf den Weg zum Lager III und versuchen das Lager IV zu erreichen. Aufgrund der immensen Neuschneemengen und die damit verbundene Lebensgefahr in dem 40-45 Grad steilen Couloir müssen Sie abbrechen und so stellen ein Zelt in Lager III auf und übernachten dort.
Am Nachmittag fährt Günther mit dem Jeep nach Shigatse, um von dort telefonisch in Lasa einen Aufklärungsflug oder Rettungsflug zu beantragen.
In der Nacht treffen die Yak-Treiber ein mit den Tieren ein, die unser Gepäck von Lager I holen soll.

25.05.1991

Sherpas kehren zurück ins Lager I

Am frühen Morgen gehen die Yaks in Richtung Lage I. Mit unserem Sirda haben wir am Morgen keinen Funkkontakt und somit auch keine neuen Informationen. Die Stimmung im Basislager ist auf dem Nullpunkt angekommen und jeder ist verzweifelt über die Situation. Das spitzt sich am Abend weiter zu, nachdem heute kein Hubschrauber oder Flugzeug aufgetaucht ist. Erst am Abend kommt ein neuer Funkkontakt mit unserem Sirda zustande und wir bekommen einen Lagebericht. Die Sherpas haben den halben Tag bei optimalen Wetterverhältnissen das Couloir zu Lage IV beobachtet und keinerlei Bewegungen erkennen können. Auf Grund der anhaltenden Lawinengefahr sind Sie am Nachmittag ins Lager I abgestiegen. Das Zelt mit Gas und Lebensmittel habe Sie im Lager III gelassen.

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