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13.08.1991

Auf dem Gipfel des Khan Tengri (7010m)

Um 7:00 Uhr ist die ungemütliche Nacht endlich vorbei. Bei den sehr begrenzten Platzverhältnissen im Zelt ist das Anziehen der Daunenbekleidung sehr mühsam. Aber ich schaffe es als Erster, um 8:30 Uhr zu starten. Meine Bergsteigerkollegen folgen mir später unter der Obhut von Arnold. Der Wind ist weithin sehr stark und ich muss mit der Sturmbrille gehen, damit die Augen geschützt sind. Stellenweise ist es in den steilen Firnpassagen sehr kraftraubend dort voranzukommen. Bis auf die Schlüsselstelle im dritten Grad sind die Schwierigkeiten im Fels moderat und auch ohne Fixseile zu meistern. Die vorhanden Fixseile sind in einem erbärmlichen Zustand und ich benütze sie nicht. Nach der Schlüsselstelle benötige ich noch eine Stunde über einen schönen Firngrat zum Gipfel. Um 11:45 Uhr ist es dann so weit, ich stehe an dem Vermessungsdreifuß. Ich gehe noch ein paar Meter höher, bis ich auf dem überwechteten Plateau kein gutes Gefühl mehr habe. An dem Vermessungsdreifuß mache ich die obligatorischen Gipfelbilder. Da außer mir niemand am Gipfel ist, mache ich mit dem Selbstauslöser Bilder von mir. Leider ist die Sicht schon wieder sehr eingeschränkt. Der Dschengisch Tschikusu (ehemals Pik Pobeda) ist noch gut zu sehen, aber im Norden sind die Gipfel in Wolken. Es geht ein eisiger Wind und so bleibe ich nur eine halbe Stunde am Gipfel. Beim Abstieg treffe ich Arnold mir meinen Bergsteigerkollegen im Aufstieg und wünsche Ihnen noch viel Erfolg. Um 14:00 Uhr bin ich wieder im Lager III und ziehe dort meine Daunenbekleidung aus. Nach einer kurzen Pause steige ich weiter hinunter zu den Schneehöhlen. Wie nahezu an jedem Tag fängt es erneut an zu schneien. Um 16:00 Uhr sitze ich in der gemütlichen Schneehöhle und bekommen von den Bergwachtleuten ein Kaffee serviert. Nehme mir noch etwas zum Essen aus unserem Depot mit hinunter zum Lager II. Nach meiner Ankunft im Lager II schneit es ergiebig und ich bin froh jetzt im trocken zu sein. Der heutige Tag war anstrengender und ich bin froh, jetzt wieder hier im Zelt zu liegen. Wenig später sucht die Bergwacht eine russische Frau, die beim Aufstieg zum Gipfel abgestürzt sein soll. Ich berichte Ihnen, dass mir beim Abstieg mehrere Gegenstände auf dem Gletscher aufgefallen sind, die ich nicht zuordnen konnte. Jetzt erkenne ich den tragischen Zusammenhang. Aber bei einem 1000-Meter-Sturz gibt es ohnehin keine Hoffnung. Wie die Bergwacht berichtet haben heute fünf Bergsteiger den Gipfel erreicht. Arnold und meine anderen Bergsteigerkollegen sind im Lager III geblieben. Aufgewühlt durch diesen tragischen Unfall und die Unsicherheit wie der Rest unsere Mannschaft herunterkommt, kann ich kaum ein Auge zu machen.

14.08.1991

Der beschwerliche Weg zurück zum Basislager (4200 m)

Ich packe meine Ausrüstungsgegenstände zusammen und beginne um 8:00 Uhr mit dem Abstieg zum Lager I. Zwei Stunden später komme ich dort an und packe so viel wie möglich von unserer Gemeinschaftsausrüstung in meinen Rucksack. Mit einem über 30 kg schweren Rucksack geht es weiter zum Basislager. Nach weiteren zwei Stunden ist es dann geschafft, ich sitze wieder gemütlich am Tisch und lasse mir das Essen schmecken. Heute ist es wieder mal wolkenlos und so kann ich jetzt meine nassen Bekleidungsstücke trocknen. Danach ruhe ich mich etwas aus und nutze später die schöne Abendstimmung zum Fotografieren. Im Anschluss kommt der absolute Höhepunkt des Tages, ein Saunagang in über 4000 Meter Höhe.

15.08.1991

Arnold und weitere Teilnehmer kehren zurück im Basislager (4200 m)

Nach dem Schönwetterfester ziehen heute Morgen schon wieder neue Wolken von Westen auf. Arnold trifft gegen Mittag mit fünf Teilnehmer unserer Gruppe im Basislager ein. In lebhaften Gesprächen werden in den nächsten Stunden die Erlebnisse am Berg ausgetaucht. Heute sind noch vier Bergsteigerkollegen unter der Obhut eines Bergwachtmannes in Richtung Gipfel unterwegs. Gegen Mittag erreicht uns der Funkspruch, dass zwei Teilnehmer wegen schlechten Wetterverhältnissen und sehr tiefen Temperaturen (-20 Grad) auf 6700 m Höhe umgedreht haben. Nur die Möslinger aus Wien steigen weiter auf und erreichen am Nachmittag den Gipfel. Von uns gibt es dafür lauten Beifall, als sie sich per Funk vom Gipfel melden. Jetzt müssen sie nur noch wohlbehalten im Basislager zurückkehren, dann ist dieser Erfolg der krönende Abschluss der Expedition.
Da es gerade Mode ist, mit russischen Titaneisschrauben am Berg unterwegs zu sein, tausche ich einen Großteil meiner Ausrüstung gegen diese begehrten Eisschrauben. Schließlich bin ich stolzer Besitzer von 30 Titaneisschrauben.

16.08.1991

Hubschrauberrundflug um den Khan Tengri

Bei wolkenlosem Himmel startet der Hubschrauber um 6:00 Uhr zu einem Rundflug um den Khan Tengri. Zunächst geht der Flug in östlicher Richtung entlang des Süd Inylchek Gletschers, der dann einen Bogen nach Süden macht. Dort setzt der Hubschrauber auf dem Gletscher auf und wir können fantastische Bilder von der Südseite des Khan Tergri machen. Danach geht es steil nach oben und wir umrunden den Khan Tengri auf der Ost- und Nordseite. Wie nicht anders zu erwarten, sind diese Seiten sehr schroff und abweisend. Von hier ist auch die alternative Aufstiegsroute vom Nord Inylchek Gletscher zu sehen, die ebenfalls zum Sattel unterhalb des Westgrates führt und im Anschluss unserer Route zum Gipfel folgt. Wir müssen nun über den Sattel fliegen und erreichen dort eine Flughöhe von 6200 m Höhe. Die dünne Luft ist deutlich zu spüren und es wird zunehmend schwieriger die Kamera ruhig zu halten. Von hier geht es im Sinkflug über unser Lager II und dem Korridor zurück um Basislager. Ein einstündiger Flug mit unbeschreiblichen Eindrücken, von einer schwer zugänglichen Berglandschaft liegt hinter uns, als wir danach gemütlich beim Frühstück sitzen. Morgen soll uns der Hubschrauber zu den heißen Radonquellen bringen. Zuvor müssen allerdings unsere vier noch im Abstieg befindlichen Bergsteigerkollegen im Basislager eintreffen. Am Abend erreichen sie das Lager I und verbringen dort die kommende Nacht.

17.08.1991

Hubschrauberflug ins Altin-Arashan-Tal

Für unsere vier Bergsteigerfreunde, die heute Nacht im Lager I übernachtet haben, ist es ein sehr abrupter Abschied vom Basislager. Sie werden mit dem Hubschrauber vom Lager I abgeholt und wir steigen um 9:30 Uhr im Basislager ebenfalls in diesen Hubschrauber ein und werden zunächst nach Maid Adir gebracht. Hier haben die vier Kollegen dann die Gelegenheit, ihre Bergsteigerausrüstung auszuziehen und mit uns zusammen ein gemeinsames Frühstück einzunehmen. Es gibt viel zu erzählen und wir sind froh, dass alles so gut geklappt hat, auch wenn nicht alle den Gipfel erreicht haben. Um 11:00Uhr werden wir mit dem Hubschrauber in das einsame Altin-Arashan Tal mit seinen heißen Radonquellen gebracht. Kasachen, ehemalige Nomaden haben sich hier sesshaft gemacht und züchte rassige Pferde. Die Anlagen sind alt und in einem erbärmlich schlechten Zustand. Neben der Aktivierung des Stoffwechsels und der Abwehrzellen erhöht eine Radontherapie unter anderem die Ausschüttung von Endorphinen, die zur Schmerzlinderung beitragen soll. Da ich weder an entzündlich-rheumatischen und degenerativen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates noch an Rheuma leide, genieße ich einfach die entspannende Wirkung des „sehr warmen“ Wassers.

18.08.1991

Hubschrauberrundflug zum Yssykköl-Sees

Am Morgen bauen wir die Zelte ab und verpacken alles in die Seesäcke. Es gibt ein langes Warten, bis uns der Hubschrauber tatsächlich abholt. Zwar landet er mit unserem sowjetischen Begleiter Wladimir gegen Mittag hier, fliegt dann aber nochmals zurück nach Maid Adir um weitere Bergsteiger abzuholen. Erst gegen 16:00 Uhr, kurz bevor es mal wieder zu regnen beginnt, werden wir abgeholt und zu einem Campingplatz am Ufer des Yssykköl-Sees gebracht.

19.08.1991

Mit einem alten Omnibus nach Frunse (heute Bischkek)

Um 8:00 Uhr fahren wir mit dem Bus nach Prschewalsk und besuchen dort den Bazar und die Mosche. Nach dem Mittag geht es zum Prschewalskis Grab und einem kleinen Museum, welches sich etwa 7 km nordwestlich von Karakol in Pristan Prschewalski in einem Gedenkpark am Ufer eines Arms des Yssykköl-Sees befindet. Am Nachmittag erfahren wir über unseren Weltempfänger, dass es in Moskau einen Putsch gegeben hat. Das Staatskomitee für den Ausnahmezustand setzt eine Gruppe Funktionäre der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) ein und setzt den Staatspräsidenten Michail Gorbatschow ab. Sie wollen das Land unter ihre Kontrolle bringen.
Ein Hubschrauberfolg ist deshalb nicht mehr möglich und so fahren wir mit einem alten Omnibus auf Lastwagenunterbau über das Transili-Alatau-Gebirge nach Frunse.

20.08.1991

Mit dem Omnibus von Frunse nach Alm-Ata (heute Almaty)

250 km in einem unbequemen und langsamen Omnibus ist ein langwieriges Unterfangen. Letztlich sind wir aber froh darüber, dass wir überhaupt vorwärtskommen und Alm-Ata erreichen. Bei unserer Ankunft ist noch unklar, ob unser Flug nach Moskau überhaupt stattfindet.

21.08.1991

Flug nach Moskau

Wie geplant werden wir an den Flughafen gebracht, mit der Hoffnung, dass unser Flug nach Moskau stattfindet. Nach einiger Verzögerung hebt der Flieger tatsächlich ab und wir erreichen Moskau ohne Probleme. Am Nachmittag fahren wir zum Parlamentsgebäude, vor dem noch die ausgebrannten Oberleitungsbusse stehen. Sie dienten als Straßensperren, die von Panzer in Brand gesteckt wurden. An den Blutlachen von drei ermordeten Studenten legen viele Passanten Blumen nieder. Nicht nur die Bevölkerung, sondern auch wir sind sehr angespannt und versuchen uns möglichst unauffällig zu verhalten. Selbst in der Metro von, wo sonst viele Menschen unterwegs sind, herrscht eine gespenstische Ruhe.

22.08.1991

Flug nach Frankfurt

Die Lage hat sich wieder etwas beruhigt. Der Putschversuch scheitert nach nur drei Tagen und Gorbatschow ist wieder im Amt. Wie geplant findet unser Rückflug um 16:00 Uhr statt und kurz nach 18:00 Uhr landen wir in Frankfurt.

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