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Königsjodler Klettersteig

19.09.2009

Für Wolfgang war dieser Klettersteig am Anfang der Saison, vor unserer gemeinsamen Pik Lenin Expedition, eine willkommene Trainingstour gewesen, bei der er eine Bestzeit von dreieinhalb Stunden erreicht hat. Wir wollen diese Zeit nicht unterbieten, sondern am letzten schönen Wochenende vor der Hüttenschließung den fantastischen Klettersteig begehen.
Um 4:00 Uhr starten wir in Holzgerlingen und fahren über München nach Bischofshofen. Von dort schlängelt sich die B 164 hinauf zum Dientner Sattel, wo Wolfgang bereits auf uns wartet.
Nach einer herzlichen Begrüßung steigen wir gemütlich (600 hm/h) vom Parkplatz auf einer Forststraße zur Erichhütte und von dort auf dem markierten Weg hinauf zur Hochscharte (2220 m). Gerade als wir die Kletterausrüstung anlegen, kommt bereits der Rettungshubschrauber angeflogen und muss den ersten Verletzten an diesem Tag vom Flying Fox bergen.
Immer wieder versucht der Pilot den Retter mit der Longline am Unfallort abzusetzen, was ihm aber wegen des starken Windes am Kammverlauf nicht gelingt. Er setzt den Retter ein ganzes Stück weiter unten ab und fliegt dann wieder davon. Wir haben zwischenzeitlich unsere Kletterausrüstung angezogen und überwinden zuerst den kniffligen Einstieg, sowie im weiteren Verlauf eine flache Rinne auf dem Flower Tower. Über einen flachen Grat und eine Scharte erreichen wir den Mühlbacher Turm. Der Rettungshubschrauber ist nun wieder im Anflug, aber wir können die Rettungsaktion von unserem derzeitigen Standort nicht mitverfolgen. Etwas unter uns ist jetzt der Spreizschritt Jungfrauensprung in der Via-Mala-Schlucht zu sehen.
Im ersten Moment bezweifle ich, dass ich diese Stelle mit einem Schritt überwinden kann. Wolfgang ist bisher immer ohne Probleme über diese Stelle gekommen, versichert er uns. Als wir vor der Stelle stehen, ist es wirklich nur ein harmloser Schritt und man ist auf der anderen Seite. Über die sogenannte Porti-Sport-Diretissima erklimmen wir dann den Teufelsturm.
Anschließend geht es wieder steil hinunter zur Teufelsschlucht, über die eine fünf Meter lange luftige Drahtseilbrücke Kranabetter-Steg führt. Judith fühlt sich auf der Seilbrücke wie auf den Hängebrücken in Nepal und ist begeistert von dieser Idee. Wir klettern gerade auf der Lehner-Traverse ein Stück ab, als wir einen lauten Schrei vernehmen, der offensichtlich vom Flying Fox kommt, der sich in dem tiefen Sallerriss befindet.
Ich bin mir nicht sicher, ob es sich um einen Freudenschrei oder einen Schmerzensaufschrei handelt. Nach wenigen Minuten erreichen den Flying Fox und es stellt sich heraus, dass hier bereits der zweite Unfall innerhalb kurzer Zeit passiert ist. Wie beim ersten Unfall konnte der harte Aufprall auf der gegenüberliegenden Seite nicht ohne Verletzungen an den Fußgelenken abgefedert werden. Ich lasse Wolfgang vor und er demonstriert uns, wie diese Passage mit der Seilrolle überwunden wird.
Als Nächste kommt Judith an die Reihe und ich rate ihr, möglichst lange mit den Händen sich am Seil entlang zu angeln, damit die Geschwindigkeit nicht so hoch wird. Sie kommt gut auf der gegenüberliegenden Seite an, ist aber doch überrascht, mit welcher Geschwindigkeit sie auf dem Felsen auftrifft. Ich gehe kein Risiko ein und lasse das Seil nicht los und kann so meine Geschwindigkeit kontrollieren. Der verunglückte Bergsteiger wird von seinen Kollegen betreut, die bereits den Notruf abgesetzt haben. Ich bin mit Sicherheit nicht der typische Klettersteiggeher, kann aber nicht nachvollziehen, warum hier an dieser Stelle eine Flying Fox notwendig ist, der ein so hohes Risikopotenzial beinhaltet.
Der Klettersteig wir mit Sicherheit nicht abgewertet denn diese Stelle, wie auch immer, entschärft wird. Steil geht es jetzt hinauf zum 2522 m hohen Teufelshörnl, von dem aus die Aussicht auf den gesamten Gratverlauf gegeben ist. Über den Brücknergrat erreichen wir die Dientner Schneid und anschließend folgt die luftige Bosch-Promenade, die zur Scharte führt, von welcher es ein Notabstieg ins Birgkar gibt. Vor uns sehen wir jetzt unzählige Bergsteiger die sich auf dem langen Aufschwung Franzl's Fantastica hinaufquälen, der zum 2772 m hohen Kummetstein hinaufführt. Wir lassen uns Zeit und gehen langsam über den Schrofenrücken zum Felsen und steigen dann brav hinter den anderen hinauf.
Überholen ist hier sowieso nicht möglich und so passen wir unser Geschwindigkeit den Voraussteigend an. Ein letzter Abstieg bringt und dann über die Brandner Abfahrt in eine Scharte, von wo es erneut hinauf zum Franz-Eduard-Matras-Kopf geht. Noch ein kurzes Stück über Platten und wir stehen auf dem südlichen Hohen Kopf. Wir haben es geschafft! Wir machen hier eine kleine Rast und gehen danach zum Matrashaus am Gipfel des Hochkönigs (2941m). Die Hütte ist fantastisch gelegen und wir lassen den Tag gemütlich ausklingen.

20.09.2009

Wir haben eine geruhsame Nacht ohne lästiges Schnarchen und wachen vor Sonnenaufgang auf. Rechtzeitig zum Tagebeginn sind wir vor der Hütte und haben eine grandiose Aussicht auf die schneebedeckten Berge sowie das Nebelmeer im Tal mit der aufgehenden Sonne. Wir gehen zurück in die Hütte, verzehren das knappe Frühstück und steigen dann vorsichtig über die mit Raureif bedeckten Felsen hinunter zur Birgkarscharte. Dort führt der Weg unangenehm über Felsen und Schotterstrecken hinunter.
Hier gibt es die Möglichkeit wieder zur Hochscharte aufzusteigen und von dort zurück zum Ausgangspunkt zu gelangen. Wir wählen allerdings den direkten Weg nach unten und queren dann unterhalb des Felsaufbaues zurück zur Erichhütte. Kurz vor der Hütte kürzen wir den Weg ab und gehen über die Wiesen zum Dientner Sattel.
Etwas mehr als drei Stunden benötigen wir vom Matrashaus bis herunter zur Straße und merken den beschwerlichen Abstieg eindrucksvoll in den Gliedern. Wir waschen uns an einem Brunnen und fahren dann nach Mühlbach, wo wir in einer netten Gaststätte zu Mittag essen. Gegen 13:00 Uhr beginnen wir mit der Heimreise und müssen mehrere Staus über uns ergehen lassen, bis wir etwas genervt gegen 19:00 Uhr zuhause sind.

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