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Beitragsseiten

Hidden Peak 1998 Tagebuch

13.06.1998

Flug von Frankfurt nach Islamabad

Nach dem Frühstück starte ich meine Fahrt und komme ohne Stau entspannt gegen 10 Uhr am Flughafen an. Ich gebe dort den Mietwagen zurück und steuere dann unseren vereinbarten Treffpunkt vor dem Terminal der Fluggesellschaft an.
Unsere Gruppe setzt sich aus acht Österreichern, einem Belgier, einem Neuseeländer sowie Peter und mir aus Deutschland zusammen. Hjördis aus den Vereinigten Staaten von Amerika haben Peter und ich bei der Broad Peak Expedition im Jahr zuvor kennengelernt; sie fliegt von den USA direkt nach Islamabad. Nachdem alle eingetroffen sind, geben wir unser Expeditionsgepäck am Schalter der Fluggesellschaft auf. Wenig später ist das Flugzeug auch schon zum Einsteigen bereit, und wir starten zu meiner Überraschung pünktlich mit der voll besetzten Maschine der Pakistan-Airlines. Der Flug verläuft ruhig.
Vor dem Flughafen steht ein Bus unserer örtliche „Agentur Adventure Tours Pakistan" bereit, der uns zum 13 Kilometer entfernten Shalimar Hotel in Rawalpindi bringt.

14.06.1998

Stadtbesichtigung

Der erste Tag in Pakistan ist für Behördengänge und eine Stadtbesichtigung reserviert, die am Nachmittag beginnt. Wir fahren zuerst durch die belebten Straßen von Rawalpindi zum Raja-Basar in die Altstadt und schlendern durch die engen Gassen im Basar. Anschließend geht es weiter zu der im Nordwesten von Islamabad vor den Margalla-Hügeln gelegenen Schah-Faisal-Moschee. Sie wurde nach König Faisal von Saudi-Arabien benannt und ist heute das Wahrzeichen der Stadt. Die Moschee zählt zu den größten der Welt. Im Anschluss an diesen kulturellen Höhepunkt fahren wir hinauf zu den Margalla-Hügeln, von wo aus der schachbrettartige Grundriss von Islamabad gut zu sehen ist. An dem touristisch erschlossenen Aussichtspunkt nutzen wir die Gelegenheit, um unseren Durst in einem Restaurant mit schattigen Sitzplätzen zu stillen.

15.06.1998

Postkartenaktion

Gleich nach dem Frühstück fahren Peter und ich zum Zoll, um das mit Cargo vorausgeschickte Gepäck abzuholen. Nach einer stichprobenartigen Kontrolle durch den Zollbeamten können wir unsere Habseligkeiten mitnehmen. Nach der Rückkehr ins Hotel fahre ich zu Post, um Briefmarken für alle Teilnehmer zu kaufen. Die Frage nach 1240 Briefmarken wird verständlicherweise mit Kopfschütteln beantwortet, und ich muss lange verhandeln, bis ich die gewünschte Stückzahl tatsächlich bekomme.

16.06.1998

Fahrt auf dem Karakorum Highway nach Chilas

Um 5 Uhr verlassen wir das Hotel und begeben uns mit einem kleinen Bus auf die lange Reise nach Chilas über den Karakorum-Highway. Die Straßen in Rawalpindi sind um diese Urzeit noch weitgehend leer, und so verlassen wir zügig den dicht besiedelten Gürtel, der die Hauptstadt Islamabad umgibt. Den Landesteil, den wir gerade durchfahren, gehört zu den fruchtbarsten Gegenden in Pakistan. Hier wird hauptsächlich Getreide angebaut, darüber hinaus auch Hülsenfrüchte und Obstsorten wie Datteln und Bananen.
Wir verlassen nach einiger Zeit das pakistanische Tiefland und gelangen nach kurzer Zeit auf den legendären Karakorum Highway (KKH), den südlichen Ausläufer der antiken Seidenstraße. Ab der keinen Stadt Beshame verläuft die Karakorum Highway immer entlang des streckenweise tief eingeschnittenen Indus. Sowohl der Busfahrer als auch wir benötigen daher immer wieder kurze Pausen, um uns von der nervenaufreibenden Fahrt zu erholen. Die willkommene Fahrtunterbrechung wird von allen zum Fotografieren der atemberaubenden Landschaft genutzt.
Nach 13 Stunden Fahrzeit erreichen wir am Abend die kleine Stadt Chilas, wo wir im Hotel "Chilas Inn" untergebracht werden.

17.06.1998

Fahrt auf dem Karakorum Highway nach Skardu

Wie schon am Vortag starten wir mit unserem kleinen Bus bei Tagesanbruch und setzen die Fahrt auf dem Karakorum-Highway fort. Das Wetter ist heute sehr gut, und die Sicht zum Nanga Parbat (8125 m) sollte frei sein. Unser Fahrer deutet plötzlich nach rechts mit den Worten: "Nanga Parbat". Alle schauen wie auf Kommando in die Richtung, und tatsächlich ist dort ein hoher mit Schnee bedeckter Berg zu sehen.
Wir beenden unser Fotoshooting bei dem Hinweisschild "Look left – Nanga Parbat – Killer Mountain" und fahren auf der KKH weiter in Richtung Gilgit bis zur Einmündung des Gilgit-Flusses in den Indus. Hier verlassen wir den KKH und folgen weiter dem Indus nach Skardu, der Hauptort der Region Baltistan.
Skardu liegt im 10 km breiten und 40 km langen Skardu-Tal, am Zusammenfluss des Indus und des Shigar, auf einem fast 2.500 m hoch gelegenen Plateau.

18.06.1998

Jeepfahrt nach Askole (3050 m)

Kurz nach 4 Uhr wird unser Gepäck in mehrere Toyota-4x4-Jeeps verladen und mit Seilen gesichert. Wenig später drängen die Fahrer zur Abfahrt, sie wollen verständlicherweise bei niedrigen Wasserständen die reißenden Bäche durchqueren, was naturgemäß am frühen Morgen am ehesten möglich ist. Der erste Teilabschnitt im sehr fruchtbaren Tale des Shigar-Flusses ist eine angenehme und interessante Fahrt, bei der wir durch mehrere kleine Ortschaften kommen. Zunächst fährt man im Shigar-Tal nach Nordwesten, also vom eigentlichen Ziel weg. Es bleibt nichts anderes übrig, denn man muss dem südlichen Hauptkamm des Karakorum, dem Lesser Karakorum, folgen, bis man nach etwa 70 km den Durchbruch des Süd-Braldu durch diese Gebirgskette erreicht hat. An dieser Stelle mündet von Norden der Basha-River, der vom Chogolungma-Gletscher kommt, in den Shigar ein. Hier liegt die winzigen Ortschaft Mango, wo unsere Fahrer eine Frühstückspause einlegen.
Im Bereich dieses Gebirgsdurchbruchs ist die Piste besonders gefährlich, weil sie in instabile Hänge gebaut wurde. Gegen 14 Uhr erreichen wir Askole, eine der schlimmsten Offroad-Straßen, die man sich vorstellen kann, liegt hinter uns. Den anvisierten Lagerplatz in unmittelbarer Nähe des Straßenendpunktes dürfen wir nicht benutzen, selbst das Gepäck muss in den etwas höher gelegenen Ort gebracht werden. Inmitten der Felder findet sich ein geeigneter Platz für uns, auf dem wie die Zelte aufstellen können.

19.06.1998

Trekking von Askole zum Lagerplatz zwischen Jhula und Bardumal (3150 m)

Gegen 7 Uhr können wir das auf 3050 m Höhe gelegen Dorf Askole verlassen. Der Weg schlängelt sich anfänglich durch herrlich grüne Felder nach Osten. Der Weg ab Askole ist zunächst unproblematisch und unspektakulär. Aber schon nach etwa einer Stunde wird man bei Querung eines Felssporns vom Blick auf die Zinnen und Gletscher der Payu-Gruppe im Osten überrascht. Dieser Querung war früher problematisch, wurde aber dann mit zunehmendem "Verkehr" für die Fremden entschärft. Zu Füßen verläuft ein wilder Nebenfluss des Braldu, der Biafo. Eine Hängebrücke führt über diesen Fluss, der bei Hochwasser wirklich furchterregend sein kann.
In etwa 13 km (Luftlinie) Entfernung von Askole mündet von Norden das Dumord-Tal. Ein nahezu senkrechter hoher Felssporn, an dessen Fuß die Wasser des Dumord fließen, versperrt den Weiterweg. Der Wasserstand des Dumord ist bei unserer Ankunft sehr niedrig, so entschließen wir uns für die Durchquerung des Flusses, welches uns eine Zeitersparnis von gut 3 Stunden bringt. Heute wird meist der lange Weg über Jhula trotz zusätzlicher 5 bis 6 km genommen, weil der Wasserstand des Dumord in der Regel keine Wahl lässt.
Wir bauen unser heutiges Lager direkt am Ufer des Zusammenflusses von Baltoro und Durmord auf, auf halbem Weg zwischen Jhula und Bardumal.

20.06.1998

Trekking vom Lagerplatz zwischen Jhula und Bardumal nach Payu (3650 m)

Bei Tagesanbruch verlassen wir unser Lager, um nicht der Nachmittagshitze ausgesetzt zu sein. Die heutige Tagesetappe führt vorbei am Lagerplatz Bardumal (3250 m) und folgt im weiteren Verlauf immer dem Biaho-Lungma zum Lagerplatz Payu (3650 m). Zunächst ist der Weg nach Payu relativ unspektakulär. Man stolpert durch die steilen Moränenreste am Nordufer des Flusses, manchmal direkt an der Wasserlinie, gelegentlich auch Seitenbäche querend. Doch dann, bei Querung des Schuttkegels des Payu-Baches 2 bis 3 km vor Payu, treten plötzlich die Kathedralen am unteren Baltoro-Gletscher ins Blickfeld. Es sind faszinierende Felstürme aus Granit, teilweise mit senkrechten Wänden. Diese Türme begleiten uns bis hinauf zum Lagerplatz Urdukas, wobei sich die Formen mit verändertem Blickwinkel stetig wandeln, zu den unterschiedlichen Tageszeiten mit wechselnden Farben.
Der Lagerplatz in Payu ist wegen einer amerikanischen und einer italienischen Großexpedition restlos belegt, daher wählen wir einen anderen geeigneten Platz in der Nähe.

21.06.1998

Ruhetag in Payu (3650 m)

Bereits vor dem Frühstück nähert sich eine bedrohliche dunkle Wolkenfront und beschert uns einen Sandsturm, der den ganzen Tag andauert. Glücklicherweise legen die Träger hier in Payu ihren traditionellen Ruhetag ein, um ihre Rationen an Chapati für die lange Gletscheretappe zum Basislager zu backen. Auch für die Expeditionsteilnehmer ist dieser Tag zur Akklimatisation enorm wichtig. Wir versuchen, uns so weit es geht vor dem umherfliegenden Sand und Staub im Zelt zu schützen, was sich allerdings als ein hoffnungsloses Unterfangen herausstellt. Am Abend lässt der Wind glücklicherweise etwas nach, und der sehnlichst herbeigewünschten Regen kommt.

22.06.1998

Trekking von Payu nach Urdukas (4150 m)

Am Morgen regnet es nicht mehr, aber die Kathedralen sind noch von dicken Wolken umgeben, lösen sich aber immer weiter auf. Nachdem Verlassen des Lagers in Payu glaubt man, die Stirn des Baltoro-Gletschers direkt vor sich zu haben, und braucht doch noch eine Stunde, um bis zum Gletschertor zu gelangen. Nachdem sich die Wolken weiter verzogen haben, rücken die Trangotürme immer stärker ins Blickfeld, und der Blick ist nicht mehr am Boden, was unweigerlich zu der einen oder anderen schmerzhaften Bauchlandung in dem Geröll führt. Zwei sehr lange Kilometer sind es, bis endlich der südliche Rand des Gletschers erreicht ist. Der begrenzende Hang erlaubt es endlich, diesem unglaublichen Haufen von Geröll zu entkommen.
Wir kommen jetzt zum Lagerplatz Liligo, in dessen Nähe manchmal auch ein See ist. Unser heutiges Ziel ist Urdukas auf ca. 4150 m Höhe. Der Platz ist besonders beliebt wegen seiner fantastischen Aussicht und wegen der letzten grünen Hänge und Blumen, die man hier antrifft. Urdukas bedeutet "gespaltener Stein". Ein riesiger Felsklotz, der sich beim Aufprall gespalten hat, hat zu diesem Namen geführt.
Am Abend sind kurzzeitig nur wenig Wolken am Himmel, und so sind die Bergspitzen bei Sonnenuntergang in einem traumhaften Licht zu sehen.

23.06.1998

Trekking von Urdukas nach Gore II (4425 m)

In der Nacht ist es wieder zugezogen und kurz nach unserem Aufbruch graupelt es. Von den fantastischen Gipfeln ist nichts mehr zu sehen. Der weitere Weg zum Concordia-Platz verläuft jetzt ausschließlich auf dem schuttbedeckten Gletscher.
Tiefe Rinnen mit Gletscherbächen versperren den direkten Weiterweg, das Gehen wird heikler und die Wegefindung ist bei der schlechten Sicht eine richtige Herausforderung. Wäre da nicht eine Telefonleitung vom Militär, an der man sich orientieren kann, dann hätten wir an so mancher Stelle die falsche Richtung eingeschlagen. Am späten Nachmittag kommen wir zu unserem Lagerplatz mit dem Namen Gore II, in dessen Nähe pakistanisches Militär lagert. Die Soldaten sind nicht zu beneiden, sie müssen zur Front auf dem Conway-Sattel auf 6000 m Höhe, und das bei Wind und Wetter. Eine nicht nachzuvollziehende Auseinandersetzung zwischen Pakistan und Indien um ein Stück absolut unbewohntes Land, dem südöstlichen Karakorum als Teil der Region Kaschmir.

24.06.1998

Trekking von Gore II nach Sharing (4780 m)

Bevor ich heute den warmen Schlafsack verlasse, schaue ich zuerst aus dem Zelt nach dem Wetter: Es ist bewölkt, aber vereinzelt sind blauen Stellen am Himmel zu erkennen. Die Chancen, dass es aufreißt und wir die gewaltige Bergkulisse mit mehreren Sieben- und Achttausendern auf der heutigen Etappe sehen können, sind gar nicht so schlecht. Nach dem Frühstück verlassen wir den Lagerplatz in Richtung Osten. Bereits nach einer Stunde Gehzeit liegt Neuschnee auf dem Gletscher, und die Träger kommen mit ihren bescheidenem Schuhwerk nur langsam voran.
Die Wolken sind weitgehend verschwunden, als wir schließlich Concordia erreichen. Hier vereinigt sich der vom K2 kommende Godwin Austen-Gletscher mit dem von Südosten kommenden Baltoro-Gletscher. Den Namen "Concordia" wählte William Martin Conway auf seiner Expedition im Jahr 1892. Nach Norden steht in voller Pracht und unverdeckt der K2. Im Nordosten – näher an Concordia als der K2 – steht der Broad Peak (8051 m). Direkt im Osten beherrscht der Gasherbrum IV (7925 m) die Szenerie, erstmals im Jahr 1958 von den Italienern Walter Bonatti und Carlo Mauri über den Nordostgrat bestiegen. Weiter nach Südosten schließen sich die Zinnen von Gasherbrum V (7120 m) und der Gasherbrum VI (7004 m) an. Direkt nach Südosten gibt der breite Baltoro-Gletscher den Blick frei auf den Baltoro Kangri (7300 m) und den Kaberi-Sattel. Direkte "Nachbarn" am Lagerplatz Concordia sind der schwarzfarbige Mitre Peak (6025 m) im Südwesten und der hellfarbige Marble Peak (6056 m) im Nordwesten.
Unser heutiges Tagesziel ist allerdings nicht Concordia, sondern der Lagerplatz mit dem Namen Sharing, der in der Nähe der Einmündung des Vigne-Gletschers in den Oberen Baltoro-Gletscher auf etwa 4780 m Höhe liegt. Gegen Mittag, als wir das Lager erreicht haben, brennt die Sonne unbarmherzig vom Himmel, und der Neuschnee reflektiert zusätzlich die Strahlen.

25.06.1998

Trekking von Sharing zum Basislager (5000 m)

Bei Schneefall bauen wir am Morgen das Lager ab und starten zu unserer letzten Etappe in Richtung Basislager. Da es die Träger auf ihrer letzten Etappe besonders eilig haben, sind wir schon nach einer Stunde bei der Einmündung des Abruzzi-Gletschers, von wo aus der Hidden Peak (8068 m) erstmalig zu sehen. Bis dahin hat er sich hinter dem Gasherbrum VI versteckt; daher auch der Name „Der versteckte Achttausender".
In etwa vier Kilometer Entfernung sind die Basislagerzelte anderer Expeditionen auf der Mittelmoräne zu sehen, die den Gasherbrum-Gletscher vom Abruzzi-Gletscher abgrenzt. Peter und ich eilen jetzt auf der ausgetretenen Spur im Schnee voraus auf die Mittelmoräne und folgen ihr bis in die Nähe der Zelte. Hier suchen wir nach einem geeigneten Platz für unser Basislager, auf dem wir die Zelte aufstellen können.Unmittelbar nach dem Eintreffen der Träger bauen wir unser Küchenzelt auf, und gegen 9 Uhr ist das gleichmäßige brummen des Kerosin Kochers zu hören; wenig später serviert die Küchenmannschaft den ersten Tee. Unterdessen beginnt unser Sirdar sehr routiniert mit der Auszahlung der Vergütung an die wartenden Träger.
Nach der Auswahl eines geeigneten Zeltplatzes gleiche ich mühevoll den Untergrund aus und stelle dann das Zelt darauf. Beim Ausstaffieren des Zeltes lasse ich mir Zeit und sortiere die Bekleidung und die Ausrüstung gewissenhaft.

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